574 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen.
zahlt zu werden pflegen, nicht unter den Schenkungsbegriff. Ebensowenig ist
es Schenkung, wenn jemand einen ihm offenstehenden Vermögenserwerb zu-
gunsten eines andern unterläßt; ja es soll kraft positiver Bestimmung des Ge-
setzes eine Schenkung auch dann nicht vorliegen, wenn jemand zugunsten eines
andern eine ihm bereits angefallene Erbschaft oder ein ihm bereits angefallenes
Vermächtnis ausschlägt oder auf ein angefallenes, noch nicht endgültig er-
worbenes Recht verzichtet (517).
Beispiel. A. hat den B. testamentarisch zum Erben eingesetzt und dem C. drei Ver-
mächtnisse zugewendet, das eine unbedingt, die beiden andern unter der Bedingung, daß er
das dreißigste Jahr erlebt; C. schlägt das erste Vermächtnis gleich nach dem Tode A.s aus,
während er die beiden andern Vermächtnisse annimmt; nachträglich verzichtet er aber durch
eine mit B. getroffene Vereinbarung unentgeltlich auch auf die beiden andern Vermächtnisse,
und zwar auf das erste vor, auf das zweite nach Erreichung seines dreißigsten Lebensjahrs.
Hier ist eine Schenkung nur der Verzicht auf das dritte Vermächtnis; denn nur dieses hatte
C. „endgültig"“ erworben.
4. Die Schenkung ist eine Zuwendung, die den Empfänger „bereichert“,
d. h. den Geldwert seines reinen Vermögens vermehrt. “
Beispiele. Wenn A. dem B., dem er 1000 Mk. schuldet, zur Sicherung dieser Schuld
ohne irgendeine Gegenleistung eine Hypothek bestellt, so ist dies unter allen Umständen eine
unentgeltliche Zuwendung. Eine Schenkung ist es aber nur, wenn die Zahlungsfähigkeit
des A. jetzt oder in der Zukunft irgendwie zweifelhaft ist; denn andernfalls wird B. durch
die Bestellung der Hypothek nicht bereichert.7
Über die Frage der Bereicherung bei den Schenkungen unter einer Auflage und bei
den Zweckschenkungen s. unten S. 5824, 585 II.
5. Die Schenkung ist eine zwischen Schenker und Beschenktem „verein-
barte“ Zuwendung; sie ist Schenkungsvertrag. Und zwar muß die Verein-
barung sich nicht bloß auf die Zuwendung als solche, sondern auf alle Um-
stände, die ihr erst den Schenkungscharakter verleihn, erstrecken: insbesondre
müssen beide Parteien darüber einig geworden sein, daß die Zuwendung
unentgeltlich erfolgen solle. Die Schenkung muß also als solche nicht bloß vom
Schenker gewährt, sondern auch vom Beschenkten als solche angenommen worden
sein. Doch wird das Erfordernis der Annahme durch folgende Regel nicht
unwesentlich abgeschwächt: ist eine Zuwendung, die nach dem Willen des
Spenders unentgeltlich sein sollte und den Empfänger aus dem Vermögen
des Schenkers objektiv bereichert, ohne den Willen des Empfängers erfolgt, so
kann der Spender den Empfänger unter Bestimmung einer angemessenen Frist
zur Erklärung über die Annahme auffordern; nach dem Ablauf der Frist gilt
die Schenkung als angenommen, wenn nicht der Empfänger sie vorher abge-
lehnt hat; lehnt der Empfänger die Annahme ab, so muß er das Empfangene,
soweit er bereichert ist, herausgeben (516 1).
Beispicle. I. A. hat eine Schuld des B. an C. ohne Vorwissen des B. bezahlt und
diesen dadurch von der Schuld befreit, also bereichert. Hier liegt eine unentgeltliche Zu-
wendung, aber keine Schenkung des A. an B. vor; erst wenn B. die Zuwendung annimmt
oder die ihm von A. bestimmte Annahmefrist ohne Widerspruch verstreichen läßt, wird die
5) Riezler, Arch. f. BRK. 27 S. 237. Abw. Ortmann Anm. 3 zu § 517.
6) Siehe RG. 59 S. 426, 62 S. 390. 7) RG. 54 S. 284.