Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

582 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
dienstbar ist; doch wird eine derartige Auflage nicht gerade häufig sein: denn 
eine Leistung, die nur in seinem eignen Interesse erfolgen soll, wird vom Be- 
schenkten dem Schenker zwar oft in Aussicht gestellt, nur selten aber, wie 
dies bei einer echten „Auflage“ vorausgesetzt werden muß, bindend versprochen. 
In allen Fällen muß die Gegenleistung wirtschaftlicher Natur sein, da sie andern- 
falls nicht den Gegenstand einer obligatorischen Verpflichtung des Beschenkten, 
eines Forderungsrechts des Schenkers bilden könnte (s. oben S. 356 I., 2). 
Beispiele. I. Eine echte Auflage liegt vor, wenn A. dem B. ein Haus unter der Ver- 
pflichtung schenkt, entweder 1., daß B. alle auf das Haus bezüglichen Rechnungen A.# aus 
den beiden letzten Jahren bezahlen müsse oder 2., daß er die Mieter des Hauses drei Jahre 
lang nicht steigern dürfe oder 3., daß er ein in dem Hause befindliches Zimmer mit alter- 
tümlicher Decke mindestens an einem Wochentage dem Publikum ohne Entgelt zugänglich zu 
machen habe. II. Wenn C. seinem Bruder D. ein Haus unter der Verpflichtung schenkt, 
daß dieser es die nächsten 10 Jahre nicht veräußern dürfe, so ist dies gleichfalls eine echte 
Auflage, und zwar auch dann, wenn C. dem D. jene Verpflichtung nur in dessen Interesse 
auferlegt hatte, weil er annahm, der Wert des Hauses werde in dem folgenden Jahrzehnt 
sehr steigen, und den Wunsch hatte, daß dieser Wertzuwachs dem D. nicht entgehn solle. 
III. Dagegen liegt keine echte Auflage vor, wenn E. dem F. 1000 Mk. zu einer Badereise 
schenkt; denn eine solche Reise ist keine wirtschaftliche Leistung; F. kann also dem E. nicht 
rechtsverbindlich zusagen, daß er sie wirklich machen werde. 
Regelmäßig wird die Auflage so bestimmt, daß nach ihrer Vollziehung dem Beschenkten 
noch eine Bereicherung übrig bleiben soll. Doch ist auch eine gegenteilige Bestimmung möglich; 
insbesondre kommen sehr häufig Schenkungen an juristische Personen vor, bei denen die 
Last der Auflage die Gunst der Schenkung völlig ausgleicht;“ freilich steht der Wortlaut des 
Gesetzes (516 I) dem entgegen; er ist aber sicher nur ungenau gefaßt. Nur muß eine der- 
artige übermäßige Auflage nach Annahme der Parteien im eignen Interesse des Beschenkten 
vereinbart sein; denn andernfalls wäre sie ein Entgelt für die Zuwendung des angeblichen 
Schenkers und würde der Zuwendung den Schenkungscharakter nehmen. 
über den Fall, daß die Auflage den Wert der Schenkung ohne den Willen der Parteien 
übersteigt s. unten zu d. 
b) Der Schenker kann die Gegenleistung, falls nichts andres vereinbart, 
nicht Zug um Zug gegen seine Zuwendung oder gar vorher, sondern erst dann 
fordern, wenn er seinerseits alles geleistet hat, was ihm zu leisten oblag (525 ). 
Beispiele. I. A. hat schenkungsweise dem B. ein großes Landgut unter der Auflage 
versprochen, daß B. ein ihm gehöriges kleines Haus dem C. schenken solle, und B. hat diese 
Schenkung angenommen. Hier kann A. von B. die Übereignung des Hauses an C. erst 
fordern, wenn er ihm das Landgut aufgelassen und übergeben hat, so daß B. eine Zeitlang 
Eigentümer von Gut und Haus zugleich ist. II. Derselbe Fall: nur wird die Auflassung 
des Guts von A. an B. ohne A.s Verschulden verzögert; B. ist hierüber so aufgebracht, 
daß er sein Haus dem D. zum Kauf anbietet und damit die Vollziehung der von ihm über- 
nommenen Auflage gefährdet. Hier kann A., obschon er seine eignen Schenkerpflichten noch 
nicht erfüllt hat, doch bei Gericht eine einstweilige Verfügung erwirken, die dem B. die Ver- 
äußerung des Hauses an einen andern als den C. verbietet. Denn die Verpflichtung des B., 
das Haus dem C. zu schenken, entsteht nicht erst dadurch, daß A. ihm das Gut aufläßt und 
übergibt, sondern ist schon, wenngleich bloß in bedingter Form, dadurch begründet worden, 
daß er die Schenkung samt der Auflage angenommen hat.5 
c) Das Recht, die Gegenleistung zu fordern, steht außer dem Schenker 
und seinen Erben zu: 
3) Vgl. Haymann S. 38. 4) RG. 71 S. 141. Vgl. aber ebenda 62 S. 386. 
5) Planck-Greiff Anm. 2 à zu § 525. Abw. Crome § 232 12.
	        
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