Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

584 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
f) Im übrigen unterliegt die Schenkung unter einer Auflage den Vor- 
schriften, die für gewöhnliche Schenkungen gelten. Insbesondre ist die Haf- 
tung des Schenkers der Auflage ungeachtet ebenso milde wie bei einer 
Schenkung ohne Auflage. 
2. Die Vereinbarung kann aber auch dahin getroffen werden, daß die 
Gegenleistung in Austausch gegen das Geschenk vollzogen werden soll, der 
Vertrag zwischen Schenker und Beschenktem also, trotz seiner Unentgeltlichkeit, 
ein vollkommen gegenseitiger ist (s. oben S. 370). Hier fehlt es an besondren 
gesetzlichen Normen ganz. Es sind demnach die Regeln anzuwenden, die einer- 
seits für gegenseitige Verträge im allgemeinen, andrerseits für gewöhnliche 
Schenkungen gelten. 5 
Beispiel. A. tauscht sein Landgut gegen das Haus seines Bruders B. ein; die Brüder 
sind darüber einverstanden, daß das Haus nur halb soviel wert ist als das Gut und also 
kein Entgelt für das Gut bildet. Hier liegt kein echter Tauschvertrag, sondern eine Schenkung 
des A. an B. vor. Stellt sich heraus, daß das Gut an einem Mangel leidet, so ist A. dafür 
weder ganz noch halb haftbar, ausgenommen den Fall der Arglist (524); dagegen ist B. 
haftbar, wenn das Haus sich als mangelhaft erweist (493). 
II. Der zu 1 besprochenen Schenkung unter einer Auflage sehr nahe steht 
die Zweckschenkung, d. h. eine Schenkung, bei der die Parteien verein- 
baren, daß die Zuwendung des Schenkers einem bestimmten Zweck dienen soll. 
Der Unterschied beider Schenkungsarten ist, daß sich bei der Schenkung unter 
einer Auflage der Beschenkte zur Vollziehung der Auflage dem Schenker gegen- 
über positiv verpflichtet, während er bei der Zweckschenkung eine Verpflichtung, 
zur Erreichung des Zwecks mitzuwirken, nicht übernimmt. Demgemäß ist die 
Zweckschenkung gerade in den Fällen häufig, in denen eine Schenkung unter 
einer Auflage selten ist, dann nämlich, wenn der Schenker mit seiner Zuwen- 
dung ein bestimmtes Interesse des Beschenkten fördern will; so selten es vor- 
kommt, daß der Beschenkte sich geradezu verpflichtet, die Schenkung diesem In- 
teresse dienstbar zu machen, so häufig ist es, daß er die Förderung dieses 
Interesses als Zweck der Schenkung anerkennt. 10 Praktisch tritt der Unter- 
schied zwischen Zweckschenkung und Schenkung unter einer Auflage namentlich 
in folgenden Regeln hervor: 
1. Während bei der Schenkung unter einer Auflage der Schenker vom 
Beschenkten die Vollziehung der Auflage fordern kann (oben S. 582 b), steht ihm 
bei der Zweckschenkung ein Recht, vom Beschenkten irgendeine Mitwirkung zur 
Erreichung des Zwecks zu verlangen, nicht zu. 
2. Während bei der Schenkung unter einer Auflage dem Schenker in dem 
Fall, daß die Vollziehung der Auflage unterbleibt, ein Recht auf Rückforde- 
rung des Geschenks nur in sehr beschränktem Umfang zusteht (oben S. 583e), 
ist ihm bei der Zweckschenkung ein solches Rückforderungsrecht bei Nicht- 
erreichung des Schenkungszwecks ganz allgemein eingeräumt (s. 812), es sei 
  
9) Vgl. RG. 54 S. 107, 60 S. 238, 62 S. 386, 68 S. 327. 
10) Haymann S. 38.
	        
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