Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 140. Zweckschenkung. Gemischte Verträge. Sittlich gebotene Schenkung. 585 
denn, daß die Vereitlung des Schenkungszwecks durch Umstände bewirkt ist, 
die er selber zu vertreten hat. 
Beispiel. A. schenkt der B. 500 Mk., damit sie sich operieren läßt. Hier kann A. nicht 
fordern, daß die B. sich der Operation wirklich unterzieht. Wohl aber kann er, wenn die B. 
es nicht tut, die Rückgabe der 500 Mk. verlangen, und zwar sogar dann, wenn die Unter- 
lassung lediglich darauf beruht, daß der Arzt die Operation als unnötig oder unmöglich ablehnt. 
Auch bei den Zweckschenkungen kann es vorkommen, daß sie, wenn der Zweck erreicht 
wird, eine Bereicherung für den Beschenkten nicht übrig lassen. Siehe hierüber oben S. 582“. 
III. Mitunter kommt es vor, daß jemand in einem und demselben Rechts- 
geschäft mit einer Schenkung eine entgeltliche Zuwendung verbindet. Hierdurch 
wird grundsätzlich weder die rechtliche Behandlung der Schenkung noch die der 
entgeltlichen Zuwendung beeinflußt: auf jene kommt reines Schenkungsrecht 
zur Anwendung, während diese dem Schenkungsrecht gänzlich entzogen ist. 
Beispiel. A. hat dem B. sein Haus verkauft und ihm zugleich das ganze darin befind- 
liche Mobiliar geschenkt. Hier haftet A. dem B. für Mängel des Hauses nach Kauf-, für 
Mängel des Mobiliars nach Schenkungsrecht. Doch kann es sein, daß, wenn B. den A. 
wegen der Mängel des Hauses tatsächlich haftbar macht, darin ein grober Undank gegen A. 
liegt und demnach B. die Schenkung des Mobiliars widerrufen kann. 
IV. 1. Besondre Regeln gelten für Schenkungen, durch die einer sitt- 
lichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rück- 
sicht entsprochen wird; namentlich werden — freilich nur nach den Um- 
ständen des Einzelfalls — „remuneratorische“ Schenkungen hierher gehören, durch 
die der Schenker sich für einen ihm vom Beschenkten erwiesenen Dienst er- 
kenntlich zeigt. 
a) Derartige Schenkungen können wegen Dürftigkeit des Schenkers nicht 
zurückgefordert werden (534). 
b) Sie können wegen Undanks des Beschenkten nicht widerrufen 
werden (534). 
b) Sie können von den gesetzlichen Vertretern geschäftsunfähiger oder be- 
schränkt geschäftsfähiger Personen und also unter Umständen auch von den be- 
schränkt geschäftsfähigen Personen selber gültig vorgenommen werden (1641, 
1804). 
4) Siehe ferner die verwandten Regeln in BGB. 1446 II, 2113 II, 2205, 2330. 
2. Im übrigen gilt auch für diese Schenkungen das gewöhnliche Schen- 
kungsrecht; insbesondre kann ein in dürftiger Lage befindlicher Schenker um 
seiner Notlage willen zwar nicht das, was er bereits schenkungsweise fortge- 
geben, zurückfordern (s. zu 1 a), wohl aber das, was er erst schenkungsweise 
fortzugeben versprochen, zurückbehalten (s. oben S. 579 b). 
Beispiel. A. hat seiner unehelichen Tochter B. notariell eine Ausstattung von 2000 Mk. 
versprochen; nachdem er die Hälfte der Ausstattung bar ausbezahlt hat, verarmt er ohne sein 
Verschulden. Hier liegt je nach den Umständen des Falls vor: entweder eine gewöhnliche 
Schenkung (etwa dann, wenn A. die B. schon vorher auskömmlich ausgestattet hatte) oder 
eine Schenkung, durch die A. einer sittlichen Verpflichtung entsprach (etwa dann, wenn die 
B. bisher keine Ausstattung erhalten hat, eignes Vermögen nicht besitzt und nach dem Stande 
ihrer Mutter einer Ausstattung von 2000 Mk. bedurfte) oder endlich eine Nichtschenkung
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.