Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 141. Leihvertrag. 587 
Beispiel. Wenn der Entleiher mit der Rückgabe der Leihsache in Verzug kommt, kann 
der Verleiher regelmäßig erst auf Grund eines rechtskräftigen Urteils Schadensersatz wegen 
Nichterfüllung beanspruchen (s. oben S. 429). 
2. Obschon Leihe und Miete Gegensätze sind, haben die Verpflichtungen 
des Verleihers und Entleihers doch die gleiche Richtung wie die des Ver- 
mieters und Mieters, natürlich von der Zinspflicht des letzteren abgesehn. 
Der Verleiher muß also dem Entleiher den Gebrauch der Leihsache gewähren; 
der Entleiher dagegen muß die Sache sorgfältig behandeln und sie — also 
gerade das ihm geliehene Sachindividuum, nicht etwa ein andres gleichartiges 
und gleichwertiges Stück — bei Beendigung der Leihe zurückgeben. Ferner: 
der Entleiher ist haftfrei, wenn die Sache bei ihm zufällig beschädigt wird oder 
verloren geht: die Gefahr der Sache hat also der Verleiher zu tragen; der 
Entleiher darf die Sache keinem Dritten zum Gebrauch überlassen (603); der 
Anspruch des Verleihers auf Rückgabe der Sache gilt im Konkurse des Ent- 
leihers als Aussonderungsrecht; die gegenseitigen Ersatzansprüche der Parteien 
verjähren in der gleichen Frist wie bei der Miete (606) usw. Andrerseits ist 
aber das Rechtsverhältnis zwischen Verleiher und Entleiher von dem zwischen 
Vermieter und Mieter auch wieder erheblich verschieden. 
a) Das Rechtsverhältnis ist rein obligatorischer Art. Dingliche Wirkungen 
erzeugt es nicht: weder hat der Entleiher ein dingliches Recht an der Leih- 
sache noch der Verleiher ein Pfandrecht an den Sachen des Entleihers. 
b) Der Verleiher haftet milder als ein Vermieter. Insbesondre braucht 
er, wie ein Geschenkgeber, nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten (599); 
für Mängel im Recht und für Fehler der Leihsache haftet er sogar nur dann, 
wenn er sie arglistig verschwiegen hat, und steht auch in diesem Fall nur für 
den Schaden ein, der dem Entleiher gerade durch sein Schweigen entstanden 
ist (600). Auch braucht er für die Instandhaltung der Sache nicht zu sorgen. 
Allerdings ist, wie gleich zu zeigen, auch der Entleiher zur Instandhaltung der Sache 
nur beschränkt verpflichtet; daraus folgt aber nicht, daß das, was der Entleiher für die Sache 
nicht zu leisten braucht, der Verleiher leisten müßte; vielmehr steht es dem Verleiher frei, 
die Sache verkommen zu lassen. 
c) Umgekehrt haftet der Entleiher strenger als ein Mieter. Er muß 
nämlich nicht bloß die Kosten der Fütterung eines geliehenen Tiers, sondern 
auch alle andern gewöhnlichen Kosten der Erhaltung der Leihsache tragen (601 D. 
Daraus folgt weiter, daß der Entleiher bei einer Abnutzung der Leihsache, 
die lediglich durch den vertragsmäßigen Gebrauch entsteht, nicht schlechthin 
haftfrei ist wie ein Mieter, sondern nur soweit, als die Abnutzung auch durch 
ordnungsmäßige Instandhaltung der Sache nicht zu vermeiden war. 
In andern Beziehungen ist übrigens die Rechtsstellung eines Entleihers wieder günstiger 
als die eines Mieters. So hat er wegen seiner Verwendungen ein Zurückbehaltungsrecht 
an dem entlehnten Grundstück, er haftet, wenn er die Leihsache mit Erlaubnis des Verleihers 
einem Dritten weiter verleiht, für ein Verschulden des Dritten nicht usw.! Dagegen ist die 
Verpflichtung des Mieters zur Anzeige eines während der Mietzeit auftauchenden Mangels 
der Mietsache analog auf den Entleiher zu übertragen (s. oben S. 560 d).
	        
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