590 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen.
2. Die Verpflichtung des Darleihers geht auf die Gewährung der Dar-
lehnssachen. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung genügt es nicht, daß der Dar-
leiher dem Darlehnsschuldner die Darlehnssachen tatsächlich übergibt. Viel-
mehr haftet er auch dafür, daß die Sachen in das Eigentum des Schuldners
übergehn, daß sie lastenfrei sind, daß sie nicht an erheblichen Mängeln leiden usw.
Und zwar entspricht seine Haftung bei einem entgeltlichen Darlehn der eines
Verkäufers (445, 493),“ bei dem unentgeltlichen Darlehn der eines Schenkers.
Erfüllt der Darleiher bei einem entgeltlichen Darlehn seine Verpflichtungen nicht, so
hat der Darlehnsschuldner das Recht auf Schadensersatz, Wandlung, Rücktritt usw. nach den
beim Kauf geltenden Regeln. Dies gilt auch dann, wenn der Darleiher dem Schuldner
nicht das Eigentum der Darlehnssachen verschafft; die Behauptung, daß in diesem Fall das
Darlehn gar nicht zustande komme," ist schwerlich begründet.
3. a) Die Hauptverpflichtung des Darlehnsschuldners ist erst bei Beendi-
gung des Darlehnsverhältnisses zu erfüllen: sie geht auf die Rückgewähr des
Darlehns in Sachen gleicher Art, Güte und Menge. Und zwar greift diese
Pflicht auch dann unvermindert Platz, wenn die Darlehnssachen, nachdem sie
dem Schuldner übergeben waren, zufällig beschädigt werden oder verloren
gehn. Somit geht die Gefahr der Sachen auf den Darlehnsschuldner über,
sobald sie ihm übergeben sind oder er in Annahmeverzug geraten ist.
Geht, wenn der Darleiher die Sachen dem Schuldner auf dessen Verlangen zusendet,
die Gefahr auf den Schuldner schon mit der Absendung über? Die Frage ist im all-
gemeinen nach der Analogie des Kaufs und unter Beachtung der mutmaßlichen Parteiabsicht
zu bejahn. Die Folge ist, daß der Schuldner u. Ul. Sachen erstatten muß, die er niemals
empfangen hat, weil sie bereits während der Versendung verloren gegangen sind. Doch ist
eine Ausnahme für den Fall eines Gelddarlehns zu machen, das der Darleiher dem
Schuldner zu gewähren sich im voraus verpflichtet hatte; denn hier hat der Darleiher dem
Schuldner das Geld auf seine eigne Gefahr zuzusenden (270). Indes gilt diese Ausnahme
nur „im Zweifel“; für das unentgeltliche Darlehn wird sie überhaupt nicht gelten.
Wieweit die Gleichheit der zurückzuerstattenden mit den dargeliehenen Sachen gehn
muß, ist nach der mutmaßlichen Parteiabsicht zu bestimmen, so wie Treu und Glauben es
erfordern. Beispielsweise wird, wer 2 Stück 3½⅛ prozentige preuß. Staatsschuldscheine über
je 5000 Mk. dargeliehen hat, bei der Rückgabe (regelmäßig) auch 5 Stück dieser Schuld-
scheine über je 2000 Mk., dagegen nicht 2 Stück 3½ prozentige Reichsschuldscheine über je
5000 Mk. anzunehmen haben. — Der Schuldner hat die von ihm zu erstattenden Sachen
dem Darleiher zu übergeben, zu übereignen und für ihre Beschaffenheit Gewähr zu leisten,
wie ein Verkäufer (445, 493). Dabei haftet er für die Gleichheit der zurückerstatteten mit
den dargeliehenen Sachen kraft Gesetzes, nicht kraft besondrer Zusicherung; das ist wichtig
wegen der Regeln oben § 128 I, 1. — Als Ort der Rückerstattung muß im Zweifel der
Ort gelten, wo das Darlehn seitens des Darleihers gewährt ist: der Schuldner muß also
die zurückzuerstattenden Sachen auf seine Gefahr und Kosten nach diesem Ort übersenden.
Geld muß er, wie gewöhnlich, an den jeweiligen Wohn= oder Geschäftssitz des Darleihers
schicken (270).
b) Eine weitere Verpflichtung des Darlehnsschuldners ist überaus häufig
die Verzinsung des Darlehns. Doch ist sie keineswegs selbstverständlich, muß
vielmehr — mit einer dem Handelsrecht angehörigen Ausnahme — von dem
3) Abw. Schollmeyer (Aufl. 1) S. 64. 4) Endemann § 1841; Crome 2 § 2485.
5) Abw. Planck-André, Anm. 5 #ü zu § 607.
6) Abw. Endemann § 184, 2 a.