§ 144. Pflichten des Dienstschuldners. 601
Besonders zu beachten ist bei den Regeln zu a und b, daß der Schuldner sich von seiner
Vergütung auch dasjenige, was er durch anderweitige Arbeit zu verdienen böswillig versäumt,
abziehn lassen muß. Denn in dem sonst analogen Fall, daß ein Vermieter seine Wohnung
leerstehen läßt, weil der Mieter deren Übernahme verweigert, gilt diese Bestimmung nicht:
hier kann der Vermieter vielmehr den vollen Mietzins fordern, auch wenn ihm eine ander-
weitige passende Vermietung der Wohnung mühelos möglich war (s. oben S. 554, 3). Doch
ist diese Verschiedenheit zwischen Dienstvertrag und Miete wohlbegründet: ein müßiggehender
Lohnarbeiter und eine leerstehende Mietwohnung können nicht nach gleichen Gesichtspunkten
behandelt werden. — Der Dienstschuldner soll nicht „böswillig“ auf Kosten des in Annahme-
verzug geratenen Dienstempfängers müßig gehen. Er braucht also eine anderweitige Arbeit
nur dann zu übernehmen, wenn sie durchaus passend für ihn ist; und er braucht auch nach
passender anderweitiger Arbeit nicht mühsam zu suchen. Böswillig handelt er vielmehr
nur, wenn er weiß, daß es zwecklos ist, seine Dienste dem Empfänger zur Verfügung zu
halten, und trotzdem eine sich ihm ohne Anstrengung bietende passende Erwerbsgelegenheit
unbenutzt läßt.
7. Erfüllt der Dienstschuldner seine Dienstpflicht nicht, so kommen die
allgemeinen bei gegenseitigen Verträgen geltenden Regeln zur Anwendung.
Doch hat der Dienstempfänger an Stelle des Rücktrittsrechts die weit schärfere
Befugnis, den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aufzukündigen;
einzige Voraussetzung ist, daß die Nichterfüllung der dem Dienstschuldner ob-
liegenden Verpflichtungen im Einzelfall „wichtig“ ist (626), d. h. die Interessen
des Dienstempfängers erheblich gefährdet. Dagegen kommt es darauf, ob
ein Verschulden auf seiten des Dienstschuldners vorliegt, ob die Verpflichtungen
vollständig oder bloß teilweise unerfüllt bleiben, ob die Erfüllung verweigert
oder nur verzögert wird, nicht an. Eine Nachfrist braucht dem Dienstschuldner
(anders als bei der Miete) vor der Kündigung nicht gewährt zu werden.
8. Bemängelt der Dienstempfänger den geleisteten Dienst, so kommen die
Regeln von der Bemänglung einer Kaufsache nicht zur Anwendung. Nament-
lich ist ein Vorbehalt des Dienstempfängers bei Annahme der Dienste und eine
abgekürzte Verjährung nicht vorgeschrieben. Die mangelhafte Leistung des
Dienstes wird vielmehr nach den gleichen Regeln behandelt wie die Nicht-
leistung.
9. Die den Verpflichtungen des Dienstschuldners gegenüberstehenden An-
sprüche des Dienstempfängers sind rein persönlicher Art, wirken also nur
gegen den Dienstschuldner, nicht gegen dritte Personen. Demgemäß kann,
wenn der Dienstschuldner sich mehreren Personen derart verpflichtet, daß er
nicht allen gerecht werden kann, keiner der verschiedenen Dienstempfänger gegen-
über den andern ein Ausschlußrecht geltend machen. Andrerseits kann sich
aber auch der Dienstschuldner gegenüber keinem der Dienstempfänger mit seiner
Verpflichtung gegenüber den andern Empfängern entschuldigen.
10. Die Pflichten des Dienstschuldners können durch Vertrag verschärft
und gemildert werden.
11. Die Leistung der Dienste kann dem Dienstschuldner im Wege der
Zwangsvollstreckung nicht abgezwungen werden (8P. 888 II).
III. 1. Die erste und allgemeinste Verpflichtung des Dienstempfängers