610 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen.
1. daß der Herrschaft ein Züchtigungsrecht gegenüber dem Gesinde nicht
zugestanden werden darf;
2. daß die Fürsorgepflicht der Herrschaft für die Person des Dienstboten
nicht unter das von dem Reichs-Dienstrecht aufgestellte Maß herabgesetzt
werden darf;
3. daß Dienstboten den Dienst spätestens nach fünf Jahren mit sechs-
monatiger Frist aufzukündigen befugt sind.
IX. Der Werkvertrag.“
1. Ber gemöhnliche Werkvertrag.
a) Begriff. Abschluß des Vertrages.
8 147.
I. 1. Beim Werkvertrage (locatio conductio operis) verpflichtet sich
die eine der Parteien, der Unternehmer, zur Herstellung eines Werks, während
die andre Partei, der Besteller, die Leistung einer Vergütung verspricht (631).
2. a) Der Werkvertrag ist dem Dienstvertrage verwandt; denn beide
Verträge beziehn sich auf eine Arbeitsleistung gegen Entgelt, der Werkvertrag
auf die des Unternehmers, der Dienstvertrag auf die des Dienstschuldners.
Sie unterscheiden sich aber namentlich durch folgendes Merkmal: der Werk-
vertrag geht auf den Erfolg der vom Unternehmer versprochenen Arbeits-
leistung, das „Werk“; der Dienstvertrag geht dagegen auf die von dem Dienst-
schuldner versprochene Arbeitsleistung als solche.
Beispiele. I. Es ist ein Werkvertrag, wenn jemand mit einem Kutscher ausmacht, daß
dieser ihn in längstens zehn Minuten bis zum Bahnhof schaffen müsse, während es ein
Dienstvertrag ist, wenn jemand einen Kutscher zu einer halbstündigen Spazierfahrt dingt.
II. Es ist ein Werkvertrag, wenn eine Dame sich bei einer Schneiderin in deren „Atelier“
ein Kleid anfertigen läßt, während es ein Dienstvertrag ist, wenn sie die Schneiderin auf
ein paar Tage zur Schneiderarbeit in ihr eignes Haus bestellt. III. Es ist ein Werkver-
trag, wenn ein Theaterdirektor für irgendein Fest gegen Entgelt die Aufführung eines Lust-
spiels verspricht, während die Verträge, die jener Direktor behufs Ausführung seines Ver-
sprechens mit Schauspielern abschließt, Dienstverträge sind; denn im Vordergrunde der Ver-
einbarung steht dort, daß der Direktor sein Lustspiel zustande bringt („Erfolg der Arbeits-
leistung!“), hier, daß jeder Schauspieler nach Maßgabe seiner Rolle dem Direktor hilft
(„Arbeitsleistung als solche!“). Denkbar ist aber auch, daß die Parteien in dem eben ge-
nannten Fall ein andres vereinbaren: ein kränklicher Schauspieler bietet etwa dem Direktor
seine Mitwirkung bei der Festlichkeit an und erklärt, als dieser Bedenken äußert, daß er
seine Rolle sicher durchführen, schlimmstenfalls aber für einen Ersatzmann sorgen werde;
er sagt also in diesem Fall einen bestimmten Erfolg seiner Arbeitsleistung zu.
b) Die soeben gegebene Bestimmung des Unterschiedes von Werk= und
1) Emerich, Kauf= und Werklieferungsvertrag (99); Riezler, Werkvertrag (00); siehe
auch die bei § 1431 genannte Literatur.