614 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen.
eine Annahme gelten lassen, die eine positive Billigung der Lieferung enthält. Dagegen
stimmt unfre Auffassung mit der von Planck-André, Ortmann u. a. vertretenen Lehre überein.
b) Die Regel zu a erleidet aber mancherlei Ausnahmen.
a) Wenn der Besteller bei der Herstellung des Werks dadurch mitwirkt, daß
er dem Unternehmer den für das Werk erforderlichen Stoff liefert oder ihm
Anweisungen für die Ausführung des Werks erteilt, und das Werk vor der
Abnahme infolge eines Mangels des vom Besteller gelieferten Stoffs oder in-
folge der von ihm erteilten Anweisungen untergegangen, verschlechtert oder un-
ausführbar geworden ist, so kann der Unternehmer einen der bereits geleisteten
Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung und Ersatz der vollen in der Ver-
gütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen; der Besteller hat also in diesem
Fall schon vor der Abnahme die Gefahr des Werks wenigstens zu einem Teil
zu tragen (645 I Satz 1).
Beispiel. A. verwendet bei einem Bau, den er für B. ausführt, eine neu erfundene,
vielfach schon mit großem Erfolge benutzte Art Beton; aus unbekannten Gründen erweist
sich aber bei dem Bau B.3 dieser Beton als ungeeignet, ohne daß deshalb, eben weil es
sich um eine neue Erfindung handelt, irgend jemandem ein Vorwurf gemacht werden kann;
der Bau muß deshalb abgebrochen werden und wird später von einem andern Baumeister
ausgeführt. Hier kann A. für die von ihm vergeblich geleistete Arbeit nur dann eine Ver-
gütung fordern, wenn er jenen ungeeigneten Beton gerade auf B.s Anweisung verwendet
hat; ob A. sich mit der Anweisung B.s ausdrücklich und ohne Vorbehalt einverstanden
erklärt hat, ändert an dieser Entscheidung nichts.
8) Versendet der Unternehmer das Werk auf Verlangen des Bestellers
nach einem andern Ort als dem Erfüllungsort, so geht die Gefahr des Werks,
ähnlich wie beim Kauf, bereits mit der Absendung auf den Besteller über
(644 II).
Beispiel. Wäre in dem oben S. 613 a genannten Fall als Erfüllungsort die Maschinen-
fabrik des C. bestimmt gewesen, so würde die Gefahr des Werks schon mit der Absendung
auf D. übergegangen sein, gleichgültig ob die Lieferung auf Grund eines Kaufs oder eines
Werkvertrages erfolgt ist.
)) Gerät der Besteller mit der Annahme des Werks in Verzug, so geht
die Gefahr des Werks sofort mit Beginn des Verzuges auf den Besteller über
(644 1). Das gleiche wird gelten, wenn der Besteller das Werk angenommen
hat, aber nachträglich in Abnahmeverzug gerät.
0) Ist nach der Beschaffenheit des Werks eine Abnahme ausgeschlossen, so
geht die Gefahr des Werks sofort mit der Vollendung auf den Besteller
über (646).
Beispiel. A. hat für B. in dessen Hause ein Zimmer tapeziert und ist mit der Arbeit
erst am späten Abend fertig geworden, so daß B. die Güte der Arbeit nicht mehr prüfen
konnte; in der Nacht darauf brennt das Haus ab. Hier kann A. trotzdem Bezahlung fordern,
obschon B. seine Arbeit noch nicht abgenommen hatte. Denn eine Tapezierarbeit kann nicht
„abgeliefert“ werden; sie ist also, wenn unfre Bestimmung des Begriffs „Abnahme" richtig
ist, nicht abnahmefähig; ihre Gefahr geht also auf den Besteller schon mit der Vollendung
des Werks über.
3) Planck-André Anm. le zu § 640; Zrtmann Anm. 2 zu § 640. Anders unfre
4. Aufl. S. 538.