8 148. Werkvertrag. Pflichten des Unternehmers. 619
Das Reichsgericht will die kurze Verjährung gegen einen Schadensersatzanspruch des
Bestellers ausschließen, wenn der Anspruch sich nicht auf einen „Mangel des gelieferten
Werks“, sondern auf „eine durch positives Zuwiderhandeln gegen die pflichtmäßige Sorgfalt
bei der Herstellung des noch nicht vollendeten Werks begangene Vertragsverletzung“ stütze;
ein Beispiel solle der Fall sein, daß ein Fahrgast (— Besteller) bei einem von einer Straßen-
bahn (-— Unternehmer) ausgeführten Transport durch Verschulden der Bahnbeamten ver-
unglücke; denn hier habe die Bahn ihre Hauptverpflichtung, den Gast an sein Reiseziel zu
transportieren, mangelfrei ausgeführt und nur die Nebenverpflichtung, während des Trans-
ports für die Sicherheit ihrer Gäste zu sorgen, unerfüllt gelassen.!? Das ist natürlich eitel
Scholastik. Mit demselben Recht könnte auch von einem Koch, der seinen Kunden ein un-
genießbares Essen vorsetzt, behauptet werden, er habe seine Hauptverpflichtung, die Lieferung
des Essens, mangelfrei erfüllt und nur die Nebenverpflichtung, das Essen genießbar zu
machen, unerfüllt gelassen. Und wie sonderbar ist es, daß die Schadensersatzansprüche, wenn
sie sich auf die Verletzung einer Hauptverpflichtung gründen, schneller verjähren sollen, als
wenn sie sich auf die Verletzung einer Nebenverpflichtung stützen.
6. Die den Verpflichtungen des Unternehmers gegenüberstehenden Ansprüche
des Bestellers sind an und für sich rein persönlicher Art. Doch können auch
dingliche Rechte mit ihnen verbunden sein, namentlich wenn der Besteller dem
Unternehmer den Stoff zu dem Werk liefert, wenn der Unternehmer auf dem
Grund und Boden des Bestellers zu bauen hat usw.
7. Die Verpflichtungen des Unternehmers können vertragsmäßig verschärft
und gemildert werden. So kann der Unternehmer die unbedingte Gewähr
für glückliche Vollendung des Werks übernehmen. Ferner kann vereinbart
werden, daß der Besteller nach Abnahme des Werks nur solche Mängel rügen
darf, die bei ordnungsmäßiger Untersuchung unerkennbar waren usw.
8. Anders als ein Dienstschuldner kann der Unternehmer zur Erfüllung
aller seiner Pflichten erforderlichenfalls durch Zwangsvollstreckung angehalten
werden (s. ZPO. 888).
III. 1. Die erste und allgemeinste Verpflichtung des Bestellers geht auf
die Entrichtung der vertragsmäßigen Vergütung. Sie ist bei der Abnahme
des Werks Zug um Zug zu erfüllen; bei nicht abnahmefähigen Werken ist sie
gleich nach Vollendung des Werks zu entrichten: eine Leistung Zug um Zug
ist hier nicht möglich (641 1 Satz 1, 640).
Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile getrennt
bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten. — Eine
Geldvergütung ist von der Abnahme, bei nicht abnahmefähigen Werken von der Vollendung
des Werks an zu verzinsen, sofern sie nicht gestundet ist (641 1 Satz 2, II, 6460).
2. a) Bei den auf eine Geschäftsbesorgung gerichteten Werkverträgen muß
der Besteller dem Unternehmer außer der Vergütung auch die Auslagen er-
statten, und zwar vorschußweise, ebenso wie bei gleichartigen Dienstverträgen
(669, 670, 675). Von dieser Verpflichtung wird er dadurch, daß das Zu-
standekommen oder die Ablieferung des Werks durch einen vom Unternehmer
nicht zu vertretenden Umstand verhindert wird, nicht befreit: der Unternehmer
trägt also die Gefahr des Werks nur insoweit, als sein Anspruch auf Ver-
12) R. 62 S. 119, 64 S. 41, 66 S. 16.