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zunächst dem Empfänger ausgehändigt wird, auf daß dieser sie dem Ange-
wiesenen vorlege.
2. a) Doch kann der Angewiesene, wie schon früher angedeutet, aus seiner
passiven Haltung dadurch heraustreten, daß er die Anweisung annimmt, sei
es im voraus, noch ehe die Anweisung dem Empfänger ausgehändigt wird, sei
es nachträglich. Auch diese „Annahme“ bedarf der Schriftform; und zwar
muß sie auf der Anweisungsurkunde selbst, nicht etwa in einem eignen Schrift-
stück, erklärt werden (784 1.).
b) Die Annahme der Anweisung ist ein abstrakter Vertrag ebenso wie
die Ausstellung: Vertragsparteien sind bei ihr der Angewiesene und (neben
dem Aussteller oder auch für sich allein) der Empfänger. Denn die Annahme
verpflichtet den Angewiesenen erst dann, wenn der Empfänger ihr zustimmt.“
Doch gelten für diesen Vertrag einige Besonderheiten.
a) Weder braucht die Annahme gegenüber dem Empfänger noch braucht
die Zustimmung zur Annahme gegenüber dem Angewiesenen erklärt zu werden.
Beide Erklärungen können vielmehr auch gegenüber dem Anweisenden abge-
geben werden (s. 784 II Satz 2).
6) Hat der Angewiesene seine Annahme einmal formgerecht gegenüber dem
Anweisenden erklärt, so kann er sie dem Empfänger gegenüber nur dadurch
widerrufen, daß er, bevor dieser die Anweisung erwirbt, den Annahmevermerk
durchstreicht.
Beispiele. I. A. hat zugunsten des B. eine Anweisung auf C. ausgestellt, von C.
annehmen lassen und sodann dem B. ausgehändigt. Hier wird C. dem B. erst dadurch ver-
pflichtet, daß dieser die Anweisung entgegennimmt und ebendadurch gegenüber A. erklärt, er
stimme der Annahme des C. zu. II. Derselbe Fall; nur haben A. und C., noch ehe B. die
Anweisung erwarb, vereinbart, daß C. seine Annahmeerklärung zurücknehme und A. die An-
weisung vernichten solle; A. ist aber wortbrüchig geworden und hat die Anweisung samt C.s
Annahmevermerk dem B. ausgehändigt. Hier ist die Entscheidung die nämliche: denn der
Widerruf der Annahme seitens des C. ist gegenüber B. unwirksam.
Nicht zu verkennen ist, daß die vorstehende Konstruktion der Annahme als eines Ver-
trages zwischen dem Anweisungsempfänger und dem Angewiesenen sehr gekünstelt ist. Des-
halb wird denn auch vielfach die Annahme als ein einseitiges Rechtsgeschäft des Angewiesenen
aufgefaßt." Doch spricht gegen diese Konstruktion, daß die besondern Regeln, die das BGB.
für einseitige Rechtsgeschäfte aufstellt (s. 111, 174), für die Anweisungsannahme nicht passen.
3. Die Formvorschriften zu 1 und 2 bedeuten, daß die im folgenden darzustellenden
Regeln auf formgerechte Anweisungen beschränkt sind, nicht aber, daß eine sormwidrige An-
weisung oder Annahme aller Rechtswirkung entbehre. Eine mündliche Anweisung und
Annahme ist vielmehr völlig gültig und entbehrt nur der spezifischen vom Gesetz an die echte
schriftliche Anweisung und Annahme geknüpften Wirkungen.
IV. Die Anweisung und deren Annahme seitens des Angewiesenen begründet
eine Reihe streng einseitiger Schuldverhältnisse. Es stehn sich nämlich als
Gläubiger und Schuldner gruppenweise gegenüber: der Empfänger und der
Angewiesene, der Angewiesene und der Anweisende, der Anweisende und der
Empfänger.
6) Planck-Strecker Anm. 1c zu § 784.
7) Ortmann S. 980; unfre 4. Aufl. S. 553.