Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 154. Verwahrungsvertrag. 641 
3. a) Beim entgeltlichen Verwahrungsvertrage muß der Hinterleger die 
versprochene Vergütung entrichten, und zwar (wie einen Dienst= oder Werklohn): 
wenn die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen ist, nach dem Ablauf je 
eines Zeitabschnitts, andernfalls bei Beendigung der Aufbewahrung (699 I). 
Endigt die Aufbewahrung vor dem Ablauf der für sie bestimmten Frist, z. B. mitten 
in einem der Zeitabschnitte, nach denen die Vergütung bemessen ist, so kann der Verwahrer 
einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung fordern (699 ID. 
Hierher gehört nicht bloß der Fall, daß die Sache beim Verwahrer untergeht, sondern auch 
der Fall, daß eine der Parteien den Vertrag vor Ablauf der Frist kündigt. 
b) Sowohl beim entgeltlichen wie beim unentgeltlichen Verwahrungsver- 
trage muß der Hinterleger dem Verwahrer alle Aufwendungen erstatten, die 
dieser den Umständen nach für erforderlich halten durfte, entsprechend der für 
den auf eine Geschäftsbesorgung gerichteten Dienst= und Werkvertrag geltenden 
Regel (693). 
c) Sowohl beim entgeltlichen wie beim unentgeltlichen Verwahrungsver- 
trage muß der Hinterleger dem Verwahrer allen Schaden ersetzen, den dieser 
durch die Beschaffenheit der hinterlegten Sache erleidet; doch ist der Hinter- 
leger haftfrei, erstens wenn er schuldlos ist, nämlich wenn er die Beschaffen- 
heit der Sache weder gekannt hat noch hat kennen müssen oder die Beschaffen- 
heit dem Verwahrer angezeigt hat, zweitens wenn der Verwahrer die Be- 
schaffenheit auch ohne Anzeige gekannt hat (694). 
Beispiel. I. Ein krankes Pferd, das A. bei B. eingestellt hat, steckt sämtliche Pferde B.s 
an. Hier ist A. haftbar, außer wenn er nachweist, daß die Ansteckungsgefahr ihm nicht be- 
kannt und auch nicht erkennbar war, oder wenn B. die Gefahr gekannt hat. II. C. hat eine mit 
Dynamit gefüllte Kiste von seinem Freunde D. mit dem Auftrage erhalten, sie bei einem 
Dritten in eignem Namen zu hinterlegen, und leistet auch dem Auftrage Folge; von dem 
Inhalt der Kiste hat er keine Ahnung, da D. ihm unrichtige, aber glaubhaft klingende An- 
gaben darüber gemacht hat;: die Kiste explodiert bei dem Dritten. Hier ist C. haftbar, ob- 
schon ihm kein eignes Verschulden zur Last fällt: denn D. ist in diesem Fall analog einem 
Gehülfen C.s zu behandeln, so daß C. unbedingt für ihn einstehn muß. 
d) Bei Aufhebung des Verwahrungsvertrages muß der Hinterleger die 
Sache zurücknehmen (s. 696). Diese Rücknahmepflicht entspricht der Abnahme- 
pflicht des Käufers und des Werkbestellers. Der Hinterleger gerät also, wenn 
er die Rücknahme verzögert, nicht bloß in Annahme-, sondern auch in Er- 
füllungsverzug. 
e) Die den Pflichten des Hinterlegers gegenüberstehenden Ansprüche des 
Verwahrers sind rein persönlicher Art und durch ein Pfandrecht an der hinter- 
legten Sache nicht geschützt. Dagegen hat der Verwahrer wegen seiner An- 
sprüche das gewöhnliche Zurückbehaltungsrecht (274). 
V. 1. Der Verwahrungsvertrag wird meistens auf unbestimmte Zeit ab- 
geschlossen. Dann kann der Hinterleger die Rückgabe, der Verwahrer die 
Rücknahme der Sache zu jeder Zeit fordern, ohne Einhaltung einer Kündi- 
gungsfrist (695, 696). 
2. Seltener wird eine bestimmte Verwahrungszeit ausgemacht. Sie hat 
für das Recht des Hinterlegers, die Rückgabe der Sache zu fordern, keinerle 
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. I. 41
	        
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