Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 154 a. Einbringung von Sachen bei Gastwirten. 645 
in seinem Hause hält und seine Preise mit Rücksicht auf das ihm auferlegte 
Risiko um einen angemessenen Zuschlag („Risikoprämie") erhöht. 
1. Die Haftung des Gastwirts erstreckt sich auf den Verlust und die 
Beschädigung der vom Gast eingebrachten Sachen ohne Rücksicht darauf, ob 
dem Wirt oder seinen Vertretern oder Gehülfen irgendein Verschulden zur 
Last fällt (701 1 Satz 1). Doch ist die Haftung keine ausnahmslose. Viel- 
mehr versagt sie (701 1 Satz 2): 
a) wenn der Unfall von dem Gast selbst oder von einem Begleiter des 
Gasts oder von einer Person, die der Gast bei sich aufgenommen hat, ver- 
ursacht ist, 
b) wenn der Unfall durch die Beschaffenheit der Sachen entsteht, 
c) wenn der Unfall auf höherer Gewalt (oben S. 310) beruht. 
2. Die Haftung des Gastwirts geht auf Schadensersatz und unterliegt 
den allgemeinen für die Schadensersatzpflicht geltenden Regeln. Eine wichtige 
Besonderheit ist aber (702), daß, wenn der Schaden Geld, Wertpapiere oder 
Kostbarkeiten betroffen hat, der Wirt nur bis zum Betrage von 1000 Mark 
haftet, es sei denn, 
a) daß er diese Gegenstände in Kenntnis ihrer Eigenschaft als Wert- 
sachen in Verwahrung genommen oder 
b) daß er ihre Verwahrung abgelehnt hat oder 
0) daß der Schaden nachweislich von ihm selbst oder von seinen Leuten 
verschuldet ist. 
Ein Reisender, der Wertsachen im Wert von mehr als 1000 Mk. bei sich führt, wird 
also wohl tun, die Sachen dem Wirt zur Aufbewahrung anzubieten, indem er alsdann die 
Haftung des Wirts auf den vollen Wert entweder nach der Regel zu a oder nach der Regel 
zu b herbeiführt. Freilich riskiert er alsdann, daß der Wirt seine Aufnahme verweigert 
oder ihm erhöhte Zimmerpreise berechnet. 
3. Die Haftung des Wirts erlischt: 
a) wenn, ehe der Schaden eingetreten ist, der Gast das Gasthaus verläßt 
oder zum Verlassen des Gasthauses rechtmäßig aufgefordert wird oder wenn 
die Sache aufhört, eingebracht zu sein; 
b) wenn, nachdem der Schaden eingetreten und zur Kenntnis des Gasts 
gekommen ist, der Gast dem Wirt nicht unverzüglich Anzeige macht, es sei 
denn, daß die Sachen dem Wirt zur Aufbewahrung gegeben waren (703). 
4. Die Haftung des Wirts ist nicht zwingenden Rechts, kann also durch 
Vertrag zwischen Wirt und Gast ausgeschlossen werden. Dagegen kann der 
Wirt sie nicht einseitig durch einen Anschlag im Gasthause ablehnen (701 II); 
der Gast kann also einen derartigen Anschlag einfach unbeachtet lassen. 
III.. Eine zweite Rechtswirkung des Einbringens von Sachen bei 
Gastwirten ist eine pfandrechtliche. Von ihr wird erst im Sachenrecht die 
Rede sein.
	        
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