§ 155. Geschäftsbesorgung ohne Auftrag. 649
herrn — d. h. seiner Person, seiner Familie, seinem Vermögen — drohenden
dringenden Gefahr, so hat, selbst wenn die Gefahr in Wirklichkeit gar nicht
bestand, der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu ver-
treten (680).
Beispiele. I. A. erbricht die Haustür des B., um dessen krankem, allein im Hause
gelassenem Kinde Pflege zu bringen. Hier ist A. ersatzfrei, auch wenn B. ihm sein Haus
verboten hatte. II. Bei dem Nihilisten C. wird in dessen Abwesenheit eine Haussuchung ab-
gehalten; rasch entschlossen steckt C.s Stubengenosse D. ein Kästchen, in dem C. seine gefähr-
liche Korrespondenz verwahrt, in den Ofen und verbrennt dabei einen Tausendmarkschein, der
gleichfalls, ohne daß D. dies wußte, im Kästchen lag. Hier ist D. haftfrei.
3. Der auftraglose Geschäftsführer ist in gleicher Weise wie ein vertrags-
mäßig bestellter verpflichtet (681, 666, 667, 668),
a) dem Geschäftsherrn über die Geschäftsführung Auskunft zu geben und
Rechenschaft abzulegen,
b) ihm alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben,
e) Gelder, die er dem Geschäftsherrn herauszugeben hat, jedoch für sich
selbst verwendet, von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen.
4. Auf die Verpflichtungen des Geschäftsführers zu 1—3 hat es großen Einfluß, ob
der Geschäftsherr nachträglich die Geschäftsführung genehmigt oder nicht. Denn einesteils
wird darin, daß der Geschäftsherr genehmigt, vielfach ein Verzicht auf die ihm zustehenden
Ersatzansprüche liegen. Andernteils wird der Geschäftsherr, wenn er nicht genehmigt, regel-
mäßig die Herausgabe dessen, was der Geschäftsführer durch die Geschäftsführung erlangt hat,
nicht fordern können. — Beispiel. A. hat austraglos den Schimmel B.s gegen einen dem
C. gehörigen Rappen ausgetauscht: und zwar hat er bei dem Tausch fahrlässig gehandelt,
weil er hätte wissen müssen, daß der Rappe 1200, der Schimmel aber 1500 Mk. wert war.
Hier hat B. die Wahl: entweder genehmigt er den Tausch nicht und kann dann Rückgabe
des Schimmels oder Zahlung von 1500 Mék. fordern, während der Rappe dem A. verbleibt;
oder er genehmigt und kann dann Herausgabe des Rappen, nicht aber weiteren Schadens-
ersatz fordern.
III. 1. a) Wenn der Geschäftsherr die Geschäftsführung genehmigt, muß
er dem Geschäftsführer alle Aufwendungen erstatten, die dieser den Umständen
nach für erforderlich halten durfte, geradeso, als ob er den Geschäftsführer
vertragsmäßig bestellt hätte (684 Satz 2); ebenso muß er dem Geschäftsführer
für dessen persönliche Mühewaltung eine Vergütung zahlen, vorausgesetzt, daß
diesem durch seine Tätigkeit für den Geschäftsherrn ein anderweitiger Verdienst
entgangen ist. Er ist also selbst dann haftbar, wenn er nicht bereichert ist,
sei es, daß die Geschäftsführung erfolglos verlief, sei es, daß ihr anfänglicher
Erfolg später wieder verloren ging.
Doch ändert sich diese Regel, wenn der Geschäftsführer zugleich im eignen Interesse
oder im Interesse eines Dritten handelte: alsdann kann er von dem Geschäftsherrn
nur anteiligen Ersatz fordern. Dies gilt z. B. für die Arbeitslöhne in dem Falle oben
bei I, 3b.
b) Dieselben Pflichten hat der Geschäftsherr, wenn er die Geschäfts-
führung zwar tatsächlich nicht genehmigt, aber billigerweise genehmigen sollte.
5) Isay S. 145; Crome 2 S. 638. Abw. Lotmar, Arbeitsvertrag (02) S. 122.