Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

654 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
B. bei seinem Spiel entwickeln wird, ihm eine der neben dem Spieltisch aufgestellten 
Schmucksachen im Wert von 5 bis 100 Mk. zu leisten hat. 
c) Der Regel nach treten beim Spielgeschäft die Umstände, von denen 
die Zuteilung der Gewinnerrolle oder die Größe des Gewinns abhängt, erst 
nach Vornahme des Spielgeschäfts ein und werden zum Teil durch eine ab- 
sichtliche Tätigkeit der Beteiligten, zum Teil durch zufällige Momente, die von 
dem Willen der Beteiligten mehr oder minder unabhängig sind, bestimmt. 
Doch kommen auch nach dieser Richtung hin Abweichungen vor: es gibt Spiel-- 
geschäfte, bei denen über den Gewinn durch Umstände entschieden wird, die 
bereits bei Vornahme des Geschäfts vorhanden waren oder die ohne eine 
tätige Mitwirkung der Beteiligten eintreten oder die ganz und gar in der 
Willkür eines der Beteiligten stehn. 
Beispiele. I. In den oben S. 652 genannten Fällen ist für die Zuteilung der Gewinner- 
rolle eine zukünftige Tätigkeit der Parteien und der von dem Willen der Parteien unabhängige 
Würfelfall entscheidend. II. 1. Dagegen ist in dem oben S. 653 bei 2 a unter II, 2 genannten 
Fall die Echtheit oder Unechtheit der Steine, also ein bereits bei Abschluß des Spielvertrages 
vorhandener Umstand, entscheidend. 2. Wenn A. und B. vereinbaren, daß entweder A. oder 
B. die von beiden gemeinsam bestellte Flasche Wein bezahlen soll, je nachdem die Kellnerin 
Rose oder die Kellnerin Therese das Geld einkassieren wird, ist entscheidend ein Umstand, 
bei dem keine der Parteien mitwirkt. 3. Wenn C. und D. vereinbaren, daß jeder dem 
andern 10 Mk. zahlen soll, falls der andre während des Frühschoppens keinmal fluchen wird, 
ist ein Umstand entscheidend, der gänzlich vom freien Willen des Verlierers abhängt. 
d) In der Mehrzahl der Fälle ist die Vornahme und die Ausführung 
der Spielgeschäfte ausschließlich oder überwiegend ein bloßer der Unterhaltung 
dienender Zeitvertreib. Doch handelt es sich auch hier um kein wesentliches 
Merkmal des Spiels. Vielmehr gibt es Spielgeschäfte, die von den Par- 
teien aus ganz andern Motiven, insonderheit aus reiner Gewinnsucht, vor- 
genommen werden. 
Beispiel. Die Vereinbarung eines Kartenspiels um Geld ist Spielvertrag, mögen die 
Parteien nur zum Vergnügen spielen oder ausgesprochenermaßen ihren Lebensunterhalt aus 
dem Spiel gewinnen wollen. 
In den früheren Auflagen dieses Buchs“ habe ich die Meinung verteidigt, der Spiel- 
vertrag müsse, wenn er nicht der Vergnügung dient, wenigstens eine Form anwenden, die 
nach der Verkehrssitte nur zur Vergnügung bestimmt ist. Doch muß ich diese Meinung fallen 
lassen; denn sie wird dadurch widerlegt, daß das Reichsbörsengesetz ausdrücklich von Börsen- 
termingeschäften spricht, gegen die der Einwand erhoben werden kann, daß sie Spielgeschäfte 
im Sinn des BG.s seien (Rörs Ges. 58), und daß diese Geschäfte sich zweifellos der 
hergebrachten Formen von Vergnügungsspielen nicht bedienen. 
3. Die Spielgeschäfte stehn in keinem ausschließenden Gegensatz zu den 
übrigen Arten der obligatorischen Rechtsgeschäfte. Im Gegenteil: es kann ein 
und dasselbe Geschäft zugleich Spiel und Kauf, Spiel und Schenkungsver- 
trag, Spiel und Werkvertrag sein usw. 
Beispiele s. oben bei 1b unter I, 1b und bei 2 a unter II. 
Man baachte die praktischen Konsequenzen der Regel zu 3. Erstens: wer ein Schenkungs- 
versprechen abgibt, das zugleich auf einem Spielvertrage beruht, kann zur Erfüllung des 
4) S. die 4. Aufl. d. Buchs S. 578.
	        
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