Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 158. Ende der Bürgschaft. Rückgriff des Bürgen. 663 
nachfolger des Gläubigers auf dessen Forderung, so braucht er zwar seine 
eignen Rechtsbeziehungen zum Hauptschuldner nicht weiter darzulegen; wohl 
aber kann der Hauptschuldner seinerseits einwandweise darauf Bezug nehmen 
und dartun, daß der Bürge den Rückgriff auf ihn nicht nehmen dürfe (774 
Satz 3). 
Beispiele. I. A. hat sich in B.3 Auftrag für ein dem B. von C. gegebenes Darlehn 
verbürgt. Hier hat er den Rückgriff sowohl aus eignem Recht (670) wie als Rechtsnach- 
folger C.s. II. D. will auf seine Wechselforderung gegen E. verzichten, weil er die Mittel- 
losigkeit des Schuldners kennt: da greift der mit E. verfeindete F. ein, übernimmt trotz 
E.s Widerspruch die Bürgschaft für den Wechsel und bestimmt den D., den Verzicht nicht zu 
erklären. Hier kann F. den Rückgriff aus eignem Recht gegen E. nicht nehmen: denn er 
hat nicht in E.s Auftrag gehandelt und hat auch E.s Interessen nicht gefördert, ihn 
namentlich nicht bereichert. Wohl aber kann F. als Rechtsnachfolger D.s gegen E. klagen. 
III. G. betreibt eine Schankwirtschaft in eignem Namen, aber im Auftrage und für Rech- 
nung des H.; für den Kaufpreis des von G. angeschafften Bieres übernimmt H. dem Bier- 
brauer J. gegenüber die Bürgschaft. Hier ist es selbstverständlich, daß H. den Rückgriff 
gegen G. nicht aus eignem Recht nehmen kann. Aber auch dann, wenn H. als Rechtsnach- 
folger J.s auftreten will, kann G. einwenden, daß er (G.) als bloßer Geschäftsführer zwar 
Erstattung seiner geschäftlichen Ausgaben von H. fordern könne, nicht aber umgekehrt H.# 
geschäftliche Ausgaben zu erstatten brauche. 
b) Tritt der Bürge als Rechtsnachfolger des Gläubigers auf, so kann er 
nur die Rechte wider den Hauptschuldner geltend machen, die gerade dem 
Gläubiger zustanden, 1 während er, wenn er aus eignem Recht vorgeht, im 
Einzelfall auch Ersatz des ihm selber durch des Hauptschuldners Verzug er- 
wachsenen Schadens, Erstattung der Kosten des zwischen ihm und dem Gläubiger 
geführten Prozesses usw. fordern kann. Außerdem ist der Bürge als Rechts- 
nachfolger des Gläubigers dadurch beschränkt, daß er die vormaligen Rechte 
des Gläubigers nicht zu dessen eignem Nachteil geltend machen darf (774 I 
Satz 2). 
Auch sonst können die vom Gläubiger auf den Bürgen übergegangenen und die eignen 
Ansprüche des Bürgen unter sich verschieden sein, 15 z. B. was die Sicherung durch Pfand- 
rechte betrifft. Ferner kann der Hauptschuldner dem als Rechtsnachsolger des Gläubigers 
auftretenden Bürgen alle Einwendungen entgegenstellen, die gegen den Gläubiger selbst zu- 
lässig sind; dagegen ist der Bürge, der den Rückgriff gegen den Hauptschuldner kraft eignen 
Rechts nimmt, jenen Einwendungen nur dann ausgesetzt, wenn er sie bei Befriedigung des 
Gläubigers gekannt hat oder hätte kennen müssen. 
c) Macht der Bürge gegen den Hauptschuldner Ersatzansprüche geltend, 
so muß er als Teil des Klagefundaments die Gültigkeit der Haupt= und der 
Bürgschaftsschuld dartun. Um sich diesen Beweis zu erleichtern und um sich 
zugleich gegen die Gefahr zu schützen, daß dem Hauptschuldner Einwendungen 
gegen die Forderung des Gläubigers zustehn, wird er wohltun, sich von 
dem Gläubiger verklagen zu lassen und dem Hauptschuldner den Streit zu 
verkündigen. 
d) Der Gläubiger muß beizeiten darauf Rücksicht nehmen, daß, wenn 
er von dem Bürgen befriedigt wird, sein Forderungsrecht samt Nebenrechten 
14) Siehe aber RG. 61 S. 317. 15) R. 59 S. 209.
	        
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