§ 164. Wirkung der Delikte. Haftung für Angestellte. 685
davon, daß A. für den B. als seinen Erfüllungsgehülfen schlechthin haftbar wäre (s. 278);
denn C. war ja kein Gläubiger des A., dem gegenüber dieser irgendwelche Verpflichtungen zu
erfüllen hätte, sondern war für ihn zur Zeit des Unfalls ein Fremder.*“ b) Wohl aber
kann C. den A. auf Grund der oben zu 1b genannten Regel als Miturheber des von B. ver-
übten Delikts haftbar machen, vorausgesetzt, daß dem A. eine Mitschuld zur Last fällt.
Und zwar braucht die Mitschuld des A. nicht von C. bewiesen zu werden, sondern wird so
lange vermutet, bis A. den Beweis führt, daß er die Zuverlässigkeit und Geschicklichkeit des
B. beim Radeln zuvor ordnungsmäßig geprüft hatte und er deshalb von einer Mit-
schuld an dem Unfall tatsächlich frei ist. 2. Derselbe Fall wie zu 1; nur hat A. die Aus-
wahl und Überwachung seines ganzen Personals dem Provisor D. übertragen. Hier wird
A. haftfrei, wenn er den Beweis erbringt, daß er den D. mit Sorgfalt ausgesucht und mit
geeigneten Anweisungen und Vollmachten versehn habe. Dafür ist aber D. selber dem C.
haftbar, und zwar statt des A., wenn dieser den eben genannten Beweis erbringt, neben
dem A. als Gesamischuldner, wenn A. den Beweis nicht erbringen kann. Doch wird auch
D. haftfrei, wenn er sich in der zu 1 genannten Weise „exkulpieren“ kann. 3. Derselbe
Fall wie zu 1 oder 2; nur hat A. die Beförderung der Arzeneien nicht einem eignen
Laufburschen, sondern dem Institut Blitz übertragen, und dieses läßt sie durch seinen „Boy“
B. ausführen. Hier ist für den Unfall weder A. noch D., wohl aber der „Blitz“ haftbar.
4. Derselbe Fall wie zu 1 oder 2; nur hat B. den Zusammenstoß mit C. bei einer Spazier-
fahrt gehabt, die er nach Erledigung der ihm aufgetragenen Besorgungen auf dem Rade des
A. machte,. Hier sind A. und D. gleichfalls haftfrei, auch wenn sie dem B. solche Privat-
fahrten ausdrücklich erlaubt hatten. 5. Derselbe Fall wie zu 1 oder 2; nur läßt sich nicht
nachweisen, daß der Zusammenstoß des B. mit C. durch eine Ungeschicklichkeit des B. ver-
ursacht ist, sondern die Ursache des Unfalls bleibt unaufgeklärt. Hier sind A. und D.
ebenfalls haftfrei: denn solange nicht feststeht, daß B. ein Delikt (oder eine deliktähnliche
Handlung ls. unten § 1661) begangen hat, kann auch von einer wirklichen oder vermuteten
Miturheberschaft des A. oder D. an dem Unfall nicht die Rede sein; würde doch andernfalls
A. für einen Radunfall des B. strenger haften als für einen eignen. Trotzdem nimmt die
herrschende Meinung unbegreiflicherweise das Gegenteil an.? 6. Derselbe Fall wie zu 5;
nur wird als Ursache des Zusammenstoßes ein Versagen der Bremse des Rades festgestellt.
hätte erkennen können: doch ist jetzt der von A. oder D. zu führende Exkulpations--
beweis auch dahin zu richten, dasß A. oder D. den Mangel der Bremse nicht kennen
konnte, etwa weil B. selbst die Bremse kurz vorher beschädigt, dem A. und D. aber nichts
davon gesagt hatte. b) Anders, wenn der Mangel der Bremse dem B. nicht erkennbar war.
Denn hier fehlt es wieder an einem Delikt des B., und damit entfällt die vermutete Mit-
urheberschaft von A. und D. an dem Unfall. Doch kann natürlich ein eignes selbständiges
Delikt des A. oder D. vorliegen, etwa weil einer von ihnen den Fehler getannt, aber dem
B. verschwiegen hatte. Doch muß ihnen alsdann, anders als zu a, ihre Schuld nach-
gewiesen werden. II. 1. F., der am 2. März 1911 21 Jahre alt wird, hat am 1. und am
3. März Einbrüche verübt. Hier ist sein Vater G. für den zweiten Einbruch nur haftbar,
wenn ihm eine Mitschuld nachgewiesen wird; dagegen haftet er für den ersten so lange, bis
er nachweist, daß er seiner Aufsichtspflicht gegenüber F. genügt hat oder F. den Diebstahl
auch bei gehöriger Beaufsichtigung ausgeführt haben würde. Doch wird ersterer Beweis
leicht zu erbringen sein; denn ein Minderjähriger bedarf am letzten Tage vor Beginn seiner
Volljährigkeit von Gesetzes wegen regelmäßig einer sehr geringen Beaufsichtigung. 2. Der
neunjährige H., der mit seinem Kindermädchen J. spazieren geht, entläuft ihr, fängt mit dem
fünfjährigen K. Streit an und verletzt ihn. Hier sind für diesen Frevel so lange, bis sie
den Exkulpationsbeweis erbringen, beide Eltern des H. und auch die J. haftbar.
Solange dem Geschäftsherrn nicht ein eignes Verschulden nachgewiesen ist, sondern er
nur als mutmaßlicher Mitschuldiger des Geschäftsführers haftet, kann er sich zur Auf-
hebung oder Milderung seiner Haftung auf alle Umstände berufen, die auch die Haftung
8) RG. 58 S. 334 (). 9) Ortmann Anm. 1c zu § 831.