Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

§ 164. Delikte. Mittäter. Buße. Einrede des Delikts gegen Forderung. 687 
sich dabei durchweg um strafbare Handlungen, namentlich um Körperverletzung, 
Verleumdung, Verletzung eines fremden Firmen= oder Markenrechts, Patent- 
verletzung. 
1. Die Buße kann nur im Strafverfahren begehrt werden, und zwar bloß 
für den Fall, daß der Schuldige wirklich zu einer Kriminalstrafe verurteilt 
wird. Ein Privatrecht auf die Buße hat der Verletzte nicht; vielmehr hängt 
deren Verhängung vom freien Ermessen des Gerichts ab. 
2. Die Höhe der Buße wird vom Gericht bis zu einem gewissen, für die 
verschiedenen Delikte nicht gleichmäßig bestimmten Höchstbetrage (etwa bei der 
Körperverletzung bis zum Betrage von 6000 Mk.) frei bestimmt. Das Gericht 
braucht also bei Bemessung der Buße nicht bloß auf den Schaden Rücksicht zu 
nehmen, den der Verletzte nachweislich oder wahrscheinlich durch das Delikt 
erlitten hat, sondern kann darauf bedacht sein, daß dem Verletzten über den 
Schadensersatz hinaus volle „Genugtuung“ (s. oben S. 391 I, 1) gewährt werde. 
Deshalb stellt die Buße eine Privatstrafe dar.1 Den steht nicht entgegen, daß 
der Verletzte neben der Buße nicht noch „einen weiteren Entschädigungsanspruch“ 
geltend machen darf: denn daraus folgt nur, daß die Buße den Schadensersatz 
in sich schließt, nicht aber, daß der Schadensersatz ihr einziger Zweck ist. 
IV. Hat der Täter durch sein Delikt eine Forderung wider den erworben, 
gegen den das Delikt gerichtet war, so kann es sein, daß die Forderung nichtig 
ist (s. 138). Aber auch wenn dies nicht der Fall, ist die Forderung trotzdem 
für den Schuldner nicht verbindlich; vielmehr kann dieser die Erfüllung der 
Forderung durch Einrede verweigern, und zwar selbst dann, wenn der Schadens- 
ersatzanspruch des Schuldners aus dem Delikt verjährt ist (833). 
Beispiel. A. hat den B. durch Drohungen bestimmt, ihm sein etwa 30 000 Mk. 
wertes Grundstück für 90 000 Mk. abzukaufen; das Grundstück ist dem B. übergeben und 
aufgelassen, und B. hat 60 000 Mk. darauf bezahlt; als fünf Jahre später A. die Zahlung 
des Restkaufpreises fordert, sicht B. den Kaufvertrag wegen Bedrohung an, verweigert die 
Zahlung der noch ausstehenden 30 000 und fordert Rückgabe der bereits bezahlten 60 000 Mk. 
gegen Rückgewähr des Grundstücks. Hier ist die Anfechtung des Vertrages wegen Ablauf 
der einjährigen Anfechtungsfrist ausgeschlossen (124). Ebenso ist das Recht des B., von A. 
wegen Delikts Schadensersatz zu fordern (823, 826) und aus diesem Grunde etwa die bereits 
angezahlten 60 000 Mk. ganz oder teilweise zurückzuverlangen, ½ durch Ablauf der drei- 
jährigen Verjährungsfrist wirkungslos gemacht. Dagegen ist dem B. das Recht, die Zahlung 
der ausstehenden 30 000 Mk. zu verweigern, unverkürzt geblieben. 
V. 1. Unter Umständen kann ein Delikt, für das eine Mehrheit von Personen 
als Gesamtschuldner ersatzpflichtig sind, rechtliche Verpflichtungen auch zwischen 
diesen Personen erzeugen. Im Verhältnis zueinander sind nämlich die Gesamt- 
schuldner zur Aufbringung der Ersatzsumme der Regel nach nur geteilt, und 
zwar im Zweifel ein jeder zu einem Kopfteil verpflichtet (426); ein jeder kann 
demnach, wenn er auf Grund seiner Gesamtschuld dem Verletzten vollen 
14) Abw. Crome 2 S. 851. 
15) Siehe auch RG. 59 S. 156, 63 S. 270.
	        
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