Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

688 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
Schadensersatz gegeben, von den Mitschuldnern die Erstattung ihres Anteils 
fordern.!“ Dies gilt sogar bei vorsätzlichen Delikten. 
Beispiel. A. und B. haben gemeinsam das Haus des C. in Brand gesetzt; C. hat 
darauf den A. zur Leistung von 100 000 Mk. Schadensersatz genötigt. Hier kann A. von B. 
Erstattung von 50 000 Mk. fordern. 
2. Doch erleidet die Regel zu 1 manche Ausnahmen. 
a) Wenn für ein von einem Geschäftsführer verübtes Delikt neben ihm 
auch der Geschäftsherr oder eine Zwischenperson als Gesamtschuldner ersatz- 
pflichtig ist, so ist im Verhältnis zwischen den Gesamtschuldnern nur der 
Geschäftsführer für die Ersatzsumme haftbar (840 11). 
b) Wenn für ein von einer aufsichtsbedürftigen Person verübtes Delikt 
neben ihr auch der Aufsichtsführer als Gesamtschuldner ersatzpflichtig ist, so ist 
im Verhältnis zwischen den Gesamtschuldnern nur die aufsichtsbedürftige Person 
für die Ersatzsumme haftbar (s. 840 II und unten S. 698). 
c) Wenn bei einem Delikt, für das mehrere Personen als Gesamtschuldner 
ersatzpflichtig sind, die Beteiligung eines der Schuldner derart überwiegt, daß 
es unsittlich wäre, wollte er die andern Schuldner zur Teilnahme am Schadens- 
ersatz nötigen, so ist im Verhältnis zwischen den Gesamtschuldnern nur er für 
die Ersatzsumme haftbar. 
Beispiele. I. In den oben zu 1, 4a genannten Fällen kann der Apotheker A., wenn er 
für den Radelunfall des B. Ersatz leisten muß, von B. die Erstattung der vollen von ihm 
geleisteten Ersatzsumme fordern. II. Wenn C. unter Mißbrauch seines elterlichen Ansehns 
seinen Sohn D. angestiftet hat, das Haus des E. in Brand zu setzen und dafür an E. 
100 000 Mk. Schadensersatz hat leisten müssen, so ist ihm ein Anspruch auf Erstattung eines 
Teils dieser Summe gegen D. zu versagen. 
VI. 1. Die Rechtswirkungen eines gewöhnlichen Delikts versagen, wenn 
das Delikt darin besteht, daß ein Schuldner seine Verpflichtungen gegenüber 
dem Gläubiger verletzt; denn, wie bereits erwähnt, kommen auf ein solches 
Delikt lediglich die für das verletzte Schuldverhältnis geltenden Regeln und 
nicht die Vorschriften des Deliktsrechts zur Anwendung (s. oben S. 67686). 
Dagegen bleiben die deliktischen Rechtswirkungen bestehn, wenn ein Schuldner 
in der nämlichen Art eine Schutzgesetzverletzung oder ein unsittliches Delikt 
begeht. Doch ist die Frage sehr umstritten. 
Beispiele. I. 1. A. hat die Wohnung, die er dem B. abgemietet, während der Mietzeit 
schuldhaft erheblich beschädigt; doch entdeckt B. die Schäden erst ein Jahr nach Rückgabe der 
Wohnung. Hier liegt auf seiten des A. sowohl eine Verletzung seiner Vertragspflichten wie 
ein gewöhnliches Delikt (823 I: Verletzung fremden Eigentums) vor. Doch kann B. rechts- 
wirksam Ersatzansprüche nur aus der Verletzung der Vertragspflichten, nicht aus dem Delikt 
erheben. Die Folge ist, daß A. die Ansprüche B.# mit der Einrede der sechsmonatigen 
Verjährung (558 1) abwehren kann, während die Deliktsansprüche des B. erst in drei Jahren 
verjährt sein würden (852). 2. Derselbe Fall; nur hat A. die Wohnung B. absichtlich aus 
Schikane beschädigt. Hier liegt auf seiten A.s außer der Verletzung seiner Vertragspflichten 
auch eine Schutzgesetzverletzung (StrGB. 303) vor, und B. kann Ersatzansprüche sowohl aus 
dem Vertrage wie aus dem Delikt ableiten. Die Folge ist, daß B. mit seinem Anspruch 
16) NG. 69 S. 422.
	        
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