Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

690 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
des Getöteten haftbar ist; sein Anspruch geht auf Erstattung dieser Kosten 
(844 I, 1968, 1615 II, 1713 1I).2 
b) Ersatzberechtigt sind ferner alle seine Hinterbliebenen, soweit er sie 
kraft Gesetzes zu unterhalten verpflichtet war und sie nun durch seinen Tod 
ihr Recht auf den Unterhalt einbüßen; ihr Anspruch geht auf Ersatz des 
Werts, den der vom Getöteten ihnen zu gewährende Unterhalt für sie hatte, 
ist also abhängig von seiner mutmaßlichen Lebensdauer, von seinen Vermögens- 
verhältnissen usw.; der Ersatz ist regelmäßig in einer Geldrente zu leisten, die 
vierteljährlich im voraus zahlbar ist (844 II, 843 II, 760, 1360, 1601, 1708).3 
Der Anspruch fällt fort oder wird vermindert, wenn bei der Tötung ein Ver- 
schulden des Getöteten oder des Ersatzberechtigten mitgewirkt hat (254, 846).“ 
Gleichgültig ist, ob der Ersatzberechtigte den Getöteten beerbt hat oder nicht: 
der Anspruch steht ihm also aus eignem Recht zu. Ebenso ist gleichgültig, 
ob der Täter den Unterhaltsanspruch des Ersatzberechtigten gekannt hat oder 
hätte kennen müssen. 
Beispiel. Bei einem durch Fahrlässigkeit des Theatermeisters A. entstandenen Brande 
kommen die Schauspielerinnen B., C. und D. ums Leben; die B. ist ohne Anhang; die C. 
hat vier uneheliche Kinder, deren Dasein sie freilich sorgsam dem Theaterpersonal verheimlicht 
hatte: die D. hinterläßt einen kränklichen Ehemann ohne eignes Vermögen. Hier muß A. 
alle drei Frauen auf seine Kosten beerdigen lassen; außerdem muß er auch die vier Kinder 
der C. und den Ehemann D. unterhalten. 
Der Ersatzanspruch der Hinterbliebenen wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß ein 
Dritter den Hinterbliebenen Unterhalt zu gewähren hat, z. B., nachdem der Vater getötet ist, 
die Mutter (844 II, 843 IV).5 
Der Ersatzanspruch gilt auch dann, wenn die Unterhaltsverpflichtung zur Zeit der 
tödlichen Verletzung des Verstorbenen noch gar nicht begründet war, sofern nur zwischen dem 
Getöteten und den Hinterbliebenen damals bereits ein Verhältnis bestand, auf das sich für 
die Zukunft eine Unterhaltsverpflichtung des ersteren gründen konnte; ja es werden sogar die 
Unterhaltsansprüche solcher Hinterbliebener berücksichtigt, die zur Zeit der Verletzung zwar 
schon gezeugt, aber noch nicht geboren waren (844 II). Danach sind z. B. die Enkel des 
Getöteten schadensersatzberechtigt, wenn sie zur Zeit der Verletzung bereits gezeugt waren, 
mag ihr Vater auch damals noch gelebt haben, also der Großvater in jenem Zeitpunkt zu 
ihrer Unterhaltung nicht verpflichtet gewesen sein (1606 II); dagegen ist, wenn der tödlich 
Verletzte noch kurz vor seinem Tode heiratet, die Witwe nicht ersatzberechtigt. 
Der Ersatzberechtigte kann, wenn die Umstände es rechtfertigen, für die Leistung der 
Geldrente eine Sicherheit fordern; spricht ein wichtiger Grund dafür, so kann er eine Abfindung 
in Kapital verlangen; bei nachträglicher Anderung der Umstände kann die Rente, auch wenn 
ihre Höhe durch rechtskräftiges Urteil festgestellt ist, erhöht oder vermindert werden (844 II, 
843 II, III, 8 PO. 324, 323). 
I) Ersatzberechtigt sind endlich alle Personen, denen der Getötete kraft 
Gesetzes zur Dienstleistung im Haushalt oder Gewerbe verpflichtet war; ihr 
Anspruch geht auf Ersatz für den Wert der ihnen entgehenden Dienste; im 
übrigen unterliegt er analogen Regeln wie der Ersatzanspruch zu b; insbesondre 
ist der Ersatz regelmäßig durch eine Geldrente zu gewähren (845, 1356, 1617). 
2) NG. 66 S. 308. 3) RG. 69 S. 296. 4| N. 55 S. 32. 
5) Siehe auch R. 61 S. 296, 64 S. 351, 68 S. 46, 70 S. 101. 
6) RG. 68 S. 429.
	        
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