8 167. Ungerechtfertigte Bereicherung durch Leistung ohne Rechtsgrund. 705
seine Schenkung somit einen von ihm rechtsgeschäftlich bestimmten Erfolg nicht erreicht habe.5
b) Dasselbe ist der Fall, wenn U. dem V. 10 Flaschen sogenannten Malaga „Zur Kräftigung
seiner Gesundheit“ schenkt und nun ein Sachverständiger erklärt, der „Wein“ sei der Ge-
sundheit V.s zwar nicht schädlich, aber auch nicht im mindesten nützlich. Denn hier ist der
Erfolg der Schenkung zwar vom Schenker deutlich bestimmt; die Bestimmung hat aber keine
rechtliche Bedeutung, weil U. sie nur als einen frommen Wunsch ausgesprochen hat. 2. Die-
selbe Entscheidung ist angebracht, wenn W. als Bürge des K. in der irrigen Annahme, der
Gläubiger Y. habe den Hauptschuldner T. bereits rechtzeitig verklagt, aber keine Befriedigung
von ihm erhalten können, die Schuld des X. an w?. bezahlt, obschon 9. in Wahrheit gegen
4. noch nicht geklagt hat und sogar seine Forderung gegen ihn hat verjähren lassen und
demnach W. die Zahlung an 7?). sowohl mittels der Einrede der Vorausklage wie mittels
der Einrede der Verjährung hätte verweigern können. Denn die Einrede der Vorausklage
hat nur eine aufschiebende Wirkung; die Einrede der Verjährung aber ist zwar dauernd,
jedoch in ihrer Bedeutung für die ungerechtfertigte Bereicherung den aufschiebenden Einreden
gleichgestellt. 3. Nicht anders ist zu entscheiden, wenn Z. ein ihm von seinem Vater
testamentarisch auferlegtes Vermächtnis sofort nach dem Tode des Vaters auszahlt und nun
nachträglich festgestellt wird, daß das Vermächtnis erst 25 Jahre nach des Erblassers Tode
zinslos auszuzahlen war, der Vermächtnisnehmer also durch Z.s Voreiligkeit den Zwischenzins
für 25 Jahre, also mehr als 100 %, lukriert hat.
b) Der Satz, daß die Bereicherung, die jemand durch die Leistung eines
andern gewinnt, als ungerechtfertigt gilt, wenn die Leistung den ihr be-
stimmten Erfolg nicht erreicht, wird durch wichtige Ausnahmen durchbrochen.
a) Nicht als ungerechtfertigt gilt die Bereicherung, wenn der Leistende
selber den Eintritt des Erfolges wider Treu und Glauben verhindert hat (815).
6) Nicht als ungerechtfertigt gilt die Bereicherung, wenn der Eintritt des
Erfolges von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies bei Vornahme
der Leistung gewußt hat (815). Der wichtigste Anwendungefall dieses Satzes
ist, daß jemand eine Leistung zur Erfüllung eines angeblich dem Empfänger
zustehenden Anspruchs macht, obschon er bei Vornahme der Leistung weiß,
daß der Anspruch in Wahrheit nicht besteht (814); es bedarf also, um fest-
zustellen, daß die Bereicherung des angeblichen Gläubigers ungerechtfertigt ist,
nicht des Beweises, daß der Leistende irrtümlich angenommen habe, der An-
spruch, den er zu erfüllen vorgab, bestehe zu Recht;“ wohl aber wird die
Rechtlosigkeit der Bereicherung durch den Beweis ausgeschlossen, daß das
Nichtvorhandensein oder die Unwirksamkeit des Anspruchs ihm positiv bekannt
gewesen ist; Kennen müssen steht dem Kennen nicht gleich.
)) Nicht als ungerechtfertigt gilt die Bereicherung, wenn die Leistung,
auf der sie beruht, zur Erfüllung eines angeblich dem Empfänger zustehenden
Anspruchs geschieht und der Anspruch zwar in Wahrheit nicht besteht, seine
Erfüllung aber durch eine sittliche Pflicht oder durch den Anstand geboten
ist (814).
0) Nicht als ungerechtfertigt gilt die Bereicherung, wenn die Leistung, auf
der sie beruht, zur Erfüllung eines angeblich dem Empfänger zustehenden An-
spruchs geschieht und der Anspruch zwar in Wahrheit zur Zeit der Leistung
5) Siehe RG. 69 S. 245.
6) RG. 59 S. 351, 60 S. 420. Abw. RG. 71 S. 317.
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. I. 45