Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 18. Personen- u. Vermögensrechte. 8 19. Anspruchs- u. Bestimmungsrechte. 63 
an der Frucht, die auf dem Gut während der Dauer der Ehe gewonnen, z. B. an dem Roggen, 
der dort während der Ehe geschnitten worden ist, wieder ein Vermögensrecht, weil es über- 
wiegend wirtschaftlich und sein Bestand vom Bestehn der Ehe wenigstens zum Teil unab- 
hängig ist: das Recht des Mannes an dem geschnittenen Roggen wird zwar nur während 
der Dauer der Ehe erworben, bleibt aber, wenn einmal erworben, auch nach Auflösung der 
Ehe bestehn. 
Ausnahmsweise kommen übrigens auch Rechte vor, die zugleich personen= und ver- 
mögensrechtlicher Natur sind; ein Beispiel ist das Recht der Mitgliedschaft in einem Verein, 
der zugleich unwirtschaftliche wie wirtschaftliche Zwecke verfolgt. Im folgenden wollen wir 
aber der Kürze wegen von diesen Rechten gänzlich absehn. 
2. Anspruchs-, KRestimmungs-, Vertrauensrechte. 
8 19. 
I. Die subjektiven Rechte sind entweder Anspruchs= oder Be- 
stimmungs= oder Vertrauensrechte oder mehreres hiervon zugleich. 
1. Sie sind Anspruchsrechte, wenn ihr einziger oder doch ihr haupt- 
sächlichster und am meisten charakteristischer Bestandteil eine Anspruchs- 
macht ist. 
2. 3. Sie sind Bestimmungs= oder Vertrauensrechte, wenn ihr einziger 
oder doch ihr hauptsächlichster und am meisten charakteristischer Bestandteil 
eine Bestimmungs= oder Vertrauensmacht ist. 
4. Sie sind mehreres hiervon zugleich, wenn ein derartiges Vorwiegen 
eines einzigen Rechtsbestandteils nicht festzustellen ist. 
II. 1. So verstanden ist das „Anspruchsrecht“ ein sehr viel weiterer 
Begriff als der „Anspruch“: erstlich kann ein einziges Anspruchsrecht eine sehr 
große Zahl von Ansprüchen umfassen;: zweitens kann ein Anspruchsrecht außer 
Ansprüchen wenigstens als Nebenbestandteile auch eine mannigfache Be- 
stimmungs= und Vertrauensmacht enthalten. 
2. 3. In derselben Weise sind Bestimmungs= und Vertrauensrecht weitere 
Begriffe als Bestimmungs= und Vertrauensmacht. Insbesondre kommt es oft 
genug vor, daß ein Bestimmungs= oder ein Vertrauensrecht wenigstens als 
Nebenbestandteil auch irgendeine Anspruchsmacht enthält. 
Beispiele. I. 1. Ein Anspruchsrecht ist das Recht des Darlehnsgebers auf Rückzahlung. 
der Darlehnssumme bei Fälligkeit des Darlehns. 2. Ein Bestimmungsrecht ist das Recht 
des Vorkaufsberechtigten, den Vorkauf zu erklären. 3. Ein Vertrauensrecht ist das Erbrecht 
des Nacherben während der Dauer des Vorerbenrechts. 4. Ein Recht, das sowohl Be- 
stimmungs-, wie Vertrauens= und möglicherweise auch Anspruchsrecht ist, ist das Eigentum. 
II 1. Der Satz, daß das Recht des Darlehnsgebers auf Rückgabe der Darlehnssumme bei 
Fälligkeit des Darlehns ein Anspruchsrecht ist (I, 1), ist deshalb nicht minder wahr, weil in 
diesem Recht auch eine Bestimmungemacht steckt, z. B. die Macht, das Darlehn durch Kündi- 
gung fällig zu machen, die Macht, das Recht auf einen neuen Gläubiger zu übertragen 
usw., denn der charakteristische Hauptbestandteil jenes Rechts ist doch zweifellos der Anspruch 
auf#Rückzahlung der Darlehnssumme. 2. Dagegen läßt sich beim Eigentum wohl im Einzel- 
1) Siehe oben § 17 I, 2. 2) Siehe oben 17 IV.
	        
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