Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

8 21. Zusammengesetzte Rechte. Einreden. 67 
an Rechten sowie der Fall, daß jemand unwiderruflich ermächtigt ist, das 
Recht eines andern auszuüben. 
Beispiele. I. A. hat eine ihm gegen B. zustehende Forderung dem C. verpfändei (1279). 
Hier bildet A.3 Forderung das Grund-, C.#s Pfandrecht das Nebenrecht; beide Rechte haben, 
obschon sie verschiedenen Personen zustehn doch dieselbe Richtung, nämlich gegen B. II. D. ist 
als Vater des minderjährigen E. gesetzlich ermächtigt, verbrauchbare Sachen des E. in eignem 
Namen zu veräußern (1653). Hier bildet E.s Eigentum das Grund-, D.s Veräußerungsbefugnis 
das Nebenrecht; auch diese beiden Rechte haben dieselbe Richtung, nämlich gegen jedermann. 
3. Die Verbindung mehrerer Rechte zu einem einheitlichen Rechtskomplex 
kann drittens und letztens auch so geschehn, daß die Rechte verschiedenen Be- 
rechtigten mit entgegengesetzten Interessen zustehn. Dann bilden sie zusammen 
einen Komplex von Recht und Gegenrecht. Unter diesen Komplexen ragt 
besonders der hervor, in dem auf der einen Seite ein Anspruch, auf der 
andern Seite eine Einredet einander gegenüberstehn. 
a) „Einrede“ ist das Recht einer einem Anspruch unterworfenen Partei, 
die Erfüllung des Anspruchs zu verweigern, ohne dadurch den Anspruch selbst 
aufzuheben. Sie ist demnach eine Bestimmungsmacht: durch eine Erklärung 
seinerseits kann der Einredeberechtigte „bestimmen“, daß der gegen ihn gerichtete 
Anspruch zwar nicht erlöschen, aber doch kraftlos sein soll. 
b) Möglich ist, daß der Anspruchsberechtigte der Einrede der Gegenpartei 
eine Gegeneinrede und die Gegenpartei der Gegeneinrede eine Gegen-Gegen- 
einrede entgegenstellen kann: jene heißt Replik, diese Duplik. 
JPe) Die Einrede (Replik, Duplik) währt entweder solange wie der Anspruch, 
dem sie gegenübersteht; sie kann ihn also, wann er auch erhoben wird, immer 
wieder entkräften. Oder ihre Dauer ist beschränkt, sei es, daß ihr eine feste 
zeitliche Grenze gesetzt, sei es, daß der Anspruchsberechtigte sie durch eine 
Gegenmaßregel zu beseitigen befugt ist; der Anspruch wird also vollwirksam, 
sobald die Frist verstrichen ist oder der Anspruchsberechtigte die Gegenmaß- 
regel vornimmt. Ersterenfalls nennt man die Einrede dauernd (peremtorisch), 
letzternfalls nennt man sie aufschiebend (dilatorisch). 
d4) Daß ein durch Einrede (Replik, Duplik) entkräfteter Anspruch der Ein- 
rede ungeachtet fortbesteht, ist leicht zu verstehn, wenn die Einrede nur eine 
aufschiebende ist, hat aber auch bei dauernden Einreden einigen Sinn. 
a) Der Anspruch ist so lange vollwirksam, als die Gegenpartei sich auf 
die Einrede nicht beruft. Insbesondre wird, wenn der Anspruchsberechtigte 
seinen Anspruch einklagt und die Gegenpartei im Verhandlungstermin nicht 
erscheint, diese dem Anspruch gemäß verurteilt, mag der Anspruchsberechtigte 
auch im Termin das Bestehn der Einrede ausdrücklich einräumen: denn die 
Gegenpartei hat sich ja auf die Einrede nicht berufen! 
6) Der Anspruch ist für immer vollwirksam, wenn die Gegenpartei auf 
die Einrede rechtsgültig verzichtet. Wäre der Anspruch durch die Einrede 
1) Friedenthal, Einwendung u. Einrede (98); Langheineken, Anspruch u. Einrede (03). 
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