Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

74 Buch I. Abschnitt 3. Die Rechtsinhaber. 
dem Erlöse Möbel anschafft, fallen die Möbel als Surrogat der Papiere stets in den Nach- 
laß (2111); wenn dagegen eine Ehefrau Wertpapiere, die zu ihrem Vorbehaltsgut gehören, 
verkauft und von dem Erlöse Möbel anschafft, fallen die Möbel als Surrogat der Papiere nur 
dann in das Vorbehaltsgut, wenn die Frau dies bei der Anschaffung besonders erklärt (1370).7 
3. a) Zu jedem Vermögen können Vermögensschulden oder Passiva 
in dem Sinn gehören, daß das Vermögen für diese Schulden haftbar ist oder, 
anders ausgedrückt, daß die Schulden eine „Last“ des Vermögens sind. 
b) Vielfach geht man aber noch weiter und sagt: die Vermögensrechte 
einer Person stellen nicht ihr ganzes Vermögen, sondern nur einen Teil davon, 
das Aktivvermögen, dar, während der andre Teil, das Passivver- 
mögen, aus den auf dem Aktivvermögen haftenden Schulden bestehe. Nach 
diesem Sprachgebrauch darf man die Schulden des Vermögensinhabers selbst- 
verständlich nicht als eine Last seines Vermögens schlechthin, sondern muß sie 
genauer als eine Last seines „Aktivvermögens"“ bezeichnen. 
) Ob die Gesetze dem einen oder dem andern Sprachgebrauch huldigen, 
ist für jede Gesetzesstelle durch Auslegung besonders zu ermitteln. 
Beispiele. I. Nach 49 haben die Liquidatoren eines aufgelösten Vereins die Forderungen 
einzuziehn, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen und die Vereinsgläubiger zu befriedigen. 
Hier ist unter „Vermögen“ nur das Aktiovermögen verstanden, weil die Schulden erst hinter 
dem „übrigen Vermögen“ erwähnt sind. II. Nach 239 ist ein Bürge zur Sicherheitsleistung 
„tauglich“, wenn er ein der Höhe der zu leistenden Sicherheit angemessenes Vermögen besitzt. 
Hier ist unter „Vermögen“ sowohl das Aktiv= wie das Passivvermögen verstanden, weil es 
für die Tauglichkeit eines Bürgen auf sein Passivvermögen gerade ebenso ankommt wie auf 
sein Aktivvermögen. 
4. Der Satz, daß das Vermögen alle einer und derselben Person gehörigen Rechte 
umfaßt, schließt nicht aus, daß zum Vermögen auch andre Güter, denen der Charakter eines 
subjektiven Rechts abgeht, gerechnet werden können, z. B. das Scheinrecht, mit dem aus- 
gestattet ist, wer fälschlich als Eigentümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist, 
ferner die geschäftliche Kundschaft eines Kaufmanns usw.s 
IV. 1. Daß jemand Inhaber eines subjektiven Rechts wird, kann in 
mannigfacher Art geschehn. 
a) Das Recht kann dem Inhaber erstlich so zugewendet werden, daß es 
von einem bereits vorhandenen älteren Recht — wir wollen es „Ursprungs- 
recht" nennen — abgeleitet wird und also gewissermaßen eine Fortsetzung 
dieses Ursprungsrechts bildet. Einen solchen abgeleiteten Rechtserwerb bezeichnet 
man als Rechtsnachfolge (Sukzession, derivativen Rechtserwerb). Den 
Inhaber des Ursprungsrechts nennt man Rechtsvorgänger (Auktor, Ge- 
währen); den Inhaber des abgeleiteten Rechts neunt man Rechtsnachfolger 
(Sukzessor). 
a) Die Rechtsnachfolge ist entweder rechtsübertragend oder rechts- 
begründend (translativ oder konstitutiv). 
aa) Bei der rechtsübertragenden Rechtsnachfolge geht das Ursprungsrecht 
des Rechtsvorgängers einfach von ihm auf den Rechtsnachfolger über: jener 
7) Über diese Fragen Waller, Surrogation (04); Beyer, Surrogation (05). 
8) Vgl. Enneccerus § 124 3.
	        
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