Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

78 Buch I. Abschnitt 3. Die Rechtsinhaber. 
besagen: das Rentenrecht des D. erlischt, wenn er selber stirbt, wird dagegen durch den Tod 
des A. nicht berührt. II. E. nimmt zwei Sachen, die er für herrenlos hält, in Besitz; die 
eine hat bisher noch niemandem gehört; die zweite hat angeblich zuvor dem F. gehört, ist 
aber von diesem fortgeworsen worden. Hier ist der Eigentumserwerb des E. bei beiden 
Sachen ursprünglich. Trotzdem ist E.s Eigentum nur in Ansehung der ersten Sache von 
etwaigen älteren Rechten unabhängig. Dagegen hängt es in Ansehung der zweiten Sache 
offenbar von dem vormaligen Eigentum des F. ab; denn wenn die Sache in Wahrheit nicht 
dem F., sondern dem G. gehörte, ist sie dadurch, daß F. sie fortwarf, nicht herrenlos ge- 
worden; es war also in diesem Fall für den Eigentumserwerb des E. kein Raum. 
Andre Regeln, die nur für Rechte gelten, die durch echte oder scheinbare Rechtsnachfolge 
erworben sind, sind z. B. 861 II, 862 II, 999 I, 1164 I, ZPO. 325, 385 Nr. 4, 445 usw. 
V. Eine Rechtsnachfolge, wie sie soeben zu IV bestimmt wurde, ist nicht bei 
allen Rechten möglich. 
1. Leitender Grundsatz ist: eine Rechtsnachfolge ist bei Vermögensrechten 
möglich, bei Personenrechten unmöglich. 11 
a) Demgemäß sind Vermögensrechte grundsätzlich frei veräußerlich 
und vererblich. Der Inhaber eines Vermögensrechts oder der für das 
Vermögensrecht bestellte Ausüber kann also nach Belieben bestimmen, daß das 
Recht auf einen andern Inhaber übergehen solle; und wenn der Inhaber 
stirbt, geht das Recht sogar kraft Gesetzes auf seinen Erben als nunmehrigen 
Inhaber über. 
b) Umgekehrt sind Personenrechte grundsätzlich weder veräußerlich noch 
vererblich. Der Inhaber eines solchen Rechts kann es nicht nach Belieben auf 
einen andern Inhaber übertragen, und wenn er stirbt, geht das Recht gänzlich 
unter. Man drückt dies auch durch die Formel aus: die Personenrechte sind 
höchstpersönlich. 
Beispiele. I. Das Eigentum ist als Vermögensrecht veräußerlich und vererblich. 
II. Die vormundschaftliche Gewalt ist als Personenrecht unveräußerlich und unvererblich. 
III. Zweifelhaift ist, ob das Recht, die Erfüllung einer testamentarischen Auflage zu ver- 
langen (1910, 2194), ein Vermögensrecht (Forderung) oder ein Personenrecht ist. Nimmt 
man ersteres an, so ist das Recht für vererblich, nimmt man letzteres an, so ist es für un- 
vererblich zu erklären. 12 
2. Doch erleidet der Grundsatz zu 1. viele Ausnahmen. Einige besonders 
auffällige Ausnahmen sind die folgenden: 
a) der Nießbrauch, obschon ein Vermögensrecht, ist weder veräußerlich 
noch vererblich (1059, 1061); 
b) der Anspruch des Arbeiters auf seinen Lohn, obschon ein Vermögens- 
recht, ist zwar vererblich, aber in gewissem Umfang unveräußerlich (400, 
Res. v. 21. Juni 69); 
c) das Recht der Mitgliedschaft in einem mit juristischer Persönlichkeit 
ausgestatteten Verein ist bald veräußerlich und vererblich, bald unveräußerlich 
und unvererblich, bald unveräußerlich, aber vererblich; bestimmend dafür ist 
nicht, wie man nach der Regel zu 1 erwarten sollte, ob der Verein wirtschaftliche 
oder unwirtschaftliche Zwecke verfolgt und ob demgemäß das Recht ein Ver- 
11) Sohm, Gegenstand (05) S. 89 18. 12) Siehe unten § 407.
	        
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