8 198a. Unter- und Oberbesitz. § 193b. Erwerb mittelbaren Besitzes. 93
unmittelbaren Besitz, indem er diesen aus Eigen- in Pachtbesitz verwandelt. Hier wird A.
Unter-, B. Oberbesitzer.
Das Besitzkonstitut kann nicht „abstrakt“ vorgenommen werden, in der Art, daß der jetzige
unmittelbare Besitzer einer Sache einen andern vertragsmäßig zum Oberbesitzer der Sache
bestellt, sondern das Verhältnis zwischen ihm und dem andern muß konkret als Miet-, Pfand-,
Verwahrungsverhältnis usw. ausgestaltet werden (s. 930).“
3. Seltenere Erwerbsarten sind:
a) daß jemand durch Besitzergreifung unmittelbaren Besitz erwirbt und
dabei gleichzeitig kraft einer mit einem andern im voraus getroffenen Verein-
barung diesem mittelbaren Besitz verschafft;
b) daß jemand dem bisherigen unmittelbaren Besitzer eine Sache durch
Zwangsvollstreckung oder eigenmächtig fortnimmt, ihn aber dabei zum mittelbaren
Besitzer macht usw.
Beispiele. I. A. hat einen ihm gehörigen Acker, den ihm der Nachbar B. gewaltsam
fortgenommen, dem C. verpachtet und zugleich seinen auf Rückgabe des Ackers gerichteten
Besitzanspruch gegen B. dem C. abgetreten. Sobald hier C. dem B. den Besitz des Ackers
abgewinnt, wird er Unter= und zugleich A. Oberbesitzer. II. D. pfändet eigenmächtig einen
Ochsen des E., der auf sein Feld übergetreten ist. Hier wird D. Unter-, E. Oberbesitzer.
II. Der Erwerb bereits bestehenden mittelbaren Besitzes an
einer Sache geht dadurch von statten, daß der Erwerber den Anspruch auf
Herausgabe der Sache, der dem bisherigen mittelbaren Besitzer gegen den un-
mittelbaren Besitzer zustand, seinerseits erwirbt. Am häufigsten kommt dieser
Erwerb durch rechtsgeschäftliche Abtretung (870) — wir nennen sie Besitzüber-
weisung — oder durch Vererbung des Anspruchs vor; aber auch der Erwerb
durch Zwangsvollstreckung und der Erwerb kraft Gesetzes ist nicht unwichtig.
Daß der unmittelbare Besitzer in den Ubergang des Anspruchs einwilligt
oder auch nur Kenntnis von ihm erhält, ist unnötig.
Beispiel. A. hat Wertpapiere bei B. hinterlegt; am 1. Mai tritt er seinen Anspruch
auf Rückgabe der Papiere dem C. ab, zeigt dem B. die Abtretung am 5. Mai an und erhält
am 10. Mai ein Anerkenntnis der Abtretung seitens des B. Hier hat C. den mittelbaren Besitz
der Papiere schon am 1. Mai erlangt.
Unwirksam ist die Besitzüberweisung, wenn der Herausgabeanspruch des bisherigen
Oberbesipers unübertragbar ist oder wenn der Unterbesitzer sich im voraus geweigert hat,
den Erwerber als neuen Oberbesitzer anzuerkennen. Beides ergibt sich für uns aus der
Begriffsbestimmung des minelbaren Besitzes (s. oben S. 908, 0).5
c) Rechtliche Bedeutung des mittelbaren Besitzes erster Stufe.
§ 193.
I. Im ganzen hat der mittelbare Besitz dieselbe rechtliche Bedeutung wie
der unmittelbare: wo auch immer das Gesetz vom Besitz spricht, ist darunter,
. 4) Biermann, Anm. 1c zu § 930.
5) Biermann, Anm. 1 zu § 870.