§§ 193c. Rechtsschutz des mittelbaren Besitzes. Abhanden gekommene Sachen. 97
ohne seinen Willen und unrechtmäßig, aber mit dem Willen seines Unterbesitzers B. verloren.
Er kann deshalb von D. die Herausgabe des Pferdes nicht fordern, weil das Pferd ihm
nicht „abhanden gekommen“ ist, sondern muß seinen Glauben da suchen, wo er ihn gelassen
hat, nämlich bei seinem Vertrauensmann B. Dagegen hätte A., solange das Pferd sich noch
im Besitz des C. befand, es von diesem zurückverlangen dürfen; denn C. wußte ja bei seinem
Besitzerwerbe, daß er zurzeit auf den Besitz des Pferdes noch kein Recht hatte, sondern erst
die Übergabe durch A. abwarten mußte. II. F. nimmt in rechtmäßigem Notangriff zur
Sicherung einer ihm gegen G. zustehenden Forderung dem G. dessen Uhr fort und veräußert
die Uhr sofort an den gutgläubigen H. Hier kann F., auch wenn er inzwischen die Forderung
des G. berichtigt hat, die Herausgabe der Uhr von H. nicht fordern, weil die Uhr ihm nicht
„bbhanden gekommen“ ist, sondern darf sich nur an G. halten, obschon man nicht behaupten
kann, daß er seinen Glauben bei G. gelassen hätte.
Selbstverständlich ist, daß die Regeln zu 2 fast in allen Einzelheiten bestritten sind.
Denn sie beruhn einzig und allein auf einer bestimmten Auslegung des vom Gesetzgeber
gebrauchten Orakelworts „abhanden kommen“. Daß aber diese Auslegung richtig ist, läßt
sich ebensowenig erweisen wie, daß sie unrichtig ist.
3. Macht der Oberbesitzer im Fall der Entziehung des Besitzes einen
kurzfristigen Besitzanspruch geltend, so kann er zunächst bloß die Herausgabe
der Streitsache an den (bisherigen) Unterbesitzer fordern; nur wenn dieser den
Besitz nicht wieder übernehmen kann oder will, darf er die Herausgabe an
sich selbst verlangen (869 Satz 2). Eine entsprechende Regel gilt auch für
den langfristigen Abholungs-, nicht aber auch für den langfristigen Herausgabe-
anspruch (s. 869 Satz 3, 1007 III; s. aber 986 D.
Beispiel. Wenn eine Sache, die A. dem B. als Pfand gegeben hat, bei B. gestohlen
wird und später bei C. wieder auftaucht, so kann A. im allgemeinen nur fordern, daß C.
die Sache dem B. zurückgibt, wenn er aus 861 klagt. Dagegen kann er die Herausgabe an
sich selbst beanspruchen, wenn er die Klage auf 1007 gründet.
4. Besitzselbsthülfe ist dem Oberbesitzer nicht gestattet, weder gegen den
Unterbesitzer noch gegen Dritte.“
Natürlich hat sich der Gesetzgeber auch über diese Frage ausgeschwiegen. Demnach
sollte man eigentlich geneigt sein, den Oberbesitzer in Ansehung der Selbsthülse dem Unter-
besitzer völlig gleichzustellen (s. 868 am Ende). Doch spricht dagegen, daß das Gesetz, wenn es
dies wirklich gewollt hätte, in dem Paragraphen, in dem es dem Oberbesitzer die kurzfristigen
Besitzansprüche ausdrücklich zuspricht, ihm sicher auch die Ermächtigung zur Selbsthülfe aus-
drücklich erteilt hätte. Indeß wird auch hierüber gestritten.
4) Verlust des mittelbaren Besitzes erster Stufe.
l 193fd.
I. Der Oberbesitzer einer Sache verliert seinen Besitz dadurch, daß dieser
auf einen andern übergeht (s. oben S. 93 ID).
II. Der Oberbesitzer verliert seinen Besitz serner dadurch, daß der Unter-
besitzer seinen Besitz verliert, es sei denn, daß an dessen Stelle ein neuer
5) Landsberg S. 638. Abw. Gierke, D. Prl. 8 116 .
Cosac, Bürgerl. Necht. 5. Aufl. II. 7