Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

Dritter Abschnitt. 
Das Eigentum. 
  
I. Begriff des Eigentums. 
195. 
I. Das Eigentum hat einen umfassenden Inhalt (903): der Eigentümer 
kann mit seiner Sache schalten und walten, wie er will, es sei denn, daß sich 
ihm ein an der nämlichen Sache bestehendes Recht eines andern oder eine 
gesetzliche Eigentumsbeschränkung entgegenstellt. Insbesondre ist er, vorbehalt- 
lich der Rechte andrer und der gesetzlichen Eigentumsbeschränkungen, befugt, 
die Sache zu besitzen, 
sie nach Willkür zu gebrauchen und zu nutzen, 
sie nach Willkür zu verändern oder gar zu zerstören, 
rechtlich über sie zu verfügen, 
Eingriffe andrer von ihr abzuhalten. 
II. Hiernach tritt das Eigentum in deutlichen Gegensatz zu den be- 
schränkten dinglichen Rechten. 
1. Freilich darf man diesen Gegensatz nicht dahin formulieren, daß das 
Eigentum ein unbeschränktes Recht sei, da es in Wahrheit allen möglichen Be- 
schränkungen zugänglich ist. Der Gegensatz liegt vielmehr darin, daß bei den 
„beschränkten“ Rechten die Beschränktheit in deren innerem Wesen begründet 
ist, während dem Eigentum eine etwaige Beschränkung von außen ausgezwungen 
wird; dort stellt sie also ein positives Charakteristikum des Rechts dar, während 
sie hier nur eine negative Bedeutung hat, eine bloße Hemmungserscheinung 
bildet; dort ist sie eine begriffliche Notwendigkeit, so daß man jene Rechte gar 
nicht beschreiben kann, ohne zugleich ihrer Beschränkung zu gedenken, während 
sie hier eine bloße Möglichkeit ist. Wir können demgemäß die Formel auf- 
stellen: der Inhaber eines beschränkten Rechts darf mit der seinem Recht 
unterworfenen Sache nur das vornehmen, was ihm besonders erlaubt ist, 
  
1) Schloßmann, Jahrb. f. Dogm. 45 S. 289.
	        
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