108 Buch III. Abschnitt 3. Das Eigentum.
schränkten Rechte, deren Inhalt dem des Eigentums sehr nahe kommt, namentlich
das Erbbaurecht an einem Hausgrundstück. So gibt es beschränkte Rechte, die
gerade ebenso ewig sind wie das Eigentum, insbesondre die Grunddienstbar-
keiten.: So gibt es endlich beschränkte Rechte, die geschichtlich früher ausge-
bildet sind als das Eigentum, wie oftmals die Nutzungsrechte an Wäldern
und Flüssen.
4. Den großen Vorzügen, die dem Eigentum zukommen, steht eine nicht
minder große Schwäche des Eigentums gegenüber: das Eigentum läßt jedem
beschränkten Recht, mit dem es an der nämlichen Sache zusammentrifft, grund-
sätzlich den Vorrang.=
So muß der Eigentümer, dessen mit Hypotheken belastetes Haus zur Zwangsversteigerung
kommt, zusehn, wie der Erlös zunächst an alle Hypothekengläubiger verteilt und erst der
etwaige Uberrest an ihn abgeführt wird: ja, wenn auf einem Grundstück ein Nießbrauch
ruht, muß der Eigentümer dem Nießbraucher sämtliche Früchte lassen und kann nicht einmal
auf solche Früchte Anspruch erheben, die der Nießbraucher gar nicht verwerten kann oder
will. Und wenn die „beschränkten“ Rechte, die den Vorrang vor dem Eigentum behaupten,
reich an Inhalt und für ewige Dauer geschaffen sind, so ist das Eigentum ein bloßes
Schattenrecht, das allein von der Hoffnung lebt, es möchte das „beschränkte“ Recht einst
durch einen Verzicht des Berechtigten verschwinden und damit das Eigentum wieder einen
lebendigen Inhalt erlangen.
5. Regelmäßig stehn die beschränkten Rechte an einer Sache einem andern
zu, als dem Eigentümer dieser Sache, so daß man sie auch Rechte an einer
fremden Sache (jura in re aliena) zu nennen pflegt. Doch ist es auch
möglich, daß jene Rechte mit dem Eigentum in einer und derselben Person
vorkommen. Dabei sind drei verschiedene Fälle zu unterscheiden.
a) Erstens: das beschränkte Recht wird von Anfang an ausgesprochener-
maßen für den Grundstückseigentümer bestellt. Dies ist nur bei Grund-
schulden möglich.
b) Zweitens: das beschränkte Recht wird von Anfang an ausgesprochener-
maßen für einen andern als den Grundstückseigentümer bestellt, kommt aber
durch irgendwelche Umstände tatsächlich von Anfang an als Recht des
Grundstückseigentümers zustande. Dies ist bei allen beschränkten Rechten
möglich.
Beispiele. I. A., der seit 1908 als Eigentümer von k eingetragen ist, bestellt 1910
seinem Nachbar B. für dessen Grundstück y eine Grunddienstbarkeit an x und belastet #
sodann mit einer Hypothek zugunsten des C.; nachträglich stellt sich heraus, daß das Eigen-
tum an x seit 1908 nicht dem A., sondern dem B. zustand. Hier ist die Grunddienstbarkeit
an x1 gültig zustande gekommen und hat demgemäß den Vorrang vor der Hypothek des C.,
obschon sie von Anfang an dem Eigentümer von k gehörte. II. Siehe unten 8 225.
I) Drittens: das beschränkte Recht wird von Anfang an für einen andern
als den Grundstückseigentümer bestellt, wird aber nachträglich mit dem Grund-
stückseigentum in einer Person vereinigt, ohne hierdurch unterzugehn. Dies
ist gleichfalls bei allen beschränkten Rechten möglich (889, 1063 II, 1256 II).
2) Hierzu vgl. aber Pflüger, Arch. f. ziv. Pr. 78 S. 389. 3) Landsberg S. 639.