Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

112 Buch III. Abschnitt 3. Das Eigentum. 
dann die Auflassung an sich selbst vornimmt. Daraus, daß das Gesetz das nicht verbietet 
(s. 181), zeigt es deutlich, daß es seinen Auflassungsformalismus selber nicht ernst nimmt. 
III. D. hat dem E. in notariellem Vertrage 72 verschiedene kleine Parzellen verkauft; dem- 
gemäß erklärt er auch die Auflassung bezüglich aller dieser Parzellen; der Protokollführer 
läßt aber aus Versehn eine Parzellennummer im Protokoll fort; im Grundbuch wird aber 
auch diese Nummer auf E.s Namen umgeschrieben, weil der Grundbuchrichter sich bei der 
Eintragung an die deutlich geschriebene Kaufurkunde und nicht an das schwer leserliche Auf- 
lassungsprotokoll hält. Hier erwirbt E. das Eigentum an jener Parzelle trotz Kaufvertrag, 
mündlicher Auflassung und Eintragung im Grundbuch nicht, weil das Auflassungsprotokoll 
ihn im Stich läßt. 
2. Diese Formregeln sind nicht bloß Ordnungsvorschriften; vielmehr ist 
eine Auflassung, die ihnen nicht entspricht, ohne dingliche Wirkung. Dagegen 
ist es eine bloße Ordnungsvorschrift, daß die Parteien bei der Auflassung nicht 
nur die Ubereignung als solche zu erklären, sondern auch deren Eintragung 
im Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen haben (RerOrdn. 19, 13).5 
3. Die Parteien brauchen bei der Auflassung nicht persönlich zu erscheinen, 
sondern können durch Stellvertreter tätig werden; ja es ist sogar zulässig, daß 
eine und dieselbe Person als Vertreter beider Parteien auftritt (s. 181). Selbst- 
verständlich müssen die Stellvertreter gehörige Vertretungsmacht besitzen, oder 
es muß der Vertretene ihre Erklärung wenigstens nachträglich genehmigen. 
Beispiele siehe zu 1. 
4. Die Auflassung darf nicht unter einer Befristung oder Bedingung er- 
folgen (925 II); andernfalls ist sie unwirksam. Doch können die Parteien den 
Erfolg einer befristeten oder bedingten Übereignung annähernd dadurch er- 
reichen, daß sie die Eintragung einer Vormerkung vereinbaren, wie folgt. 
a) Statt das Grundstück unter einer aufschiebenden Befristung oder Be- 
dingung zu übereignen, sehn sie zunächst von einer Auflassung ganz ab; dafür 
lassen sie aber eine Vormerkung dahin eintragen, daß der Erwerber berechtigt. 
sein soll, die Auflassung nach Ablauf der Frist oder bei Eintritt der Bedingung 
zu verlangen. 
b) Statt das Grundstück unter einer auflösenden Befristung oder Be- 
dingung zu übereignen, nehmen sie zunächst die Auflassung unbefristet und 
unbedingt vor, lassen aber zugleich eine Vormerkung dahin eintragen, daß der 
Veräußerer berechtigt sein soll, nach Ablauf der Frist oder bei Eintritt der Be- 
dingung die Rückauflassung des Grundstücks zu fordern. 
5. a) Aus der Regel, daß die Auflassung nicht von einer Befristung 
oder Bedingung abhängig gemacht werden kann, folgt, daß sie auch von der 
Erreichung irgendeines rechtlichen Zwecks nicht abhängig sein darf: sie kann 
also nicht als „Zweckzuwendung“ vorgenommen werden, sondern ist notwen die 
ein „abstraktes“ Zuwendungsgeschäft. Bedenklich ist freilich, daß diese Folgerung 
im Gesetzbuch nicht ausgesprochen ist, sondern nur mühsam als Wille des Ge- 
setzgebers erraten werden muß. 
5) Siehe auch R. 54 S. 378.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.