118 Buch III. Abschnitt 3. Das Eigentum.
b) Gleichgültig ist, wie der Erwerber zu seiner Eintragung und zu seinem
Besitz gekommen ist; der Erwerber braucht also den Anlaß zu seiner Ein-
tragung und die Herkunft seines Besitzes nicht anzugeben, geschweige denn zu
beweisen. Ebenso ist es gleichgültig, ob sich der Erwerber bei der Eintragung
und bei dem Besitzerwerbe in gutem Glauben befunden hat.
Beispiel. A., der Inspektor des auf lange Jahre verreisten Gutsbesitzers B., fälscht
eine Vollmacht auf B.s Namen, läßt kraft dieser Vollmacht im Jahr 1900 ein dem B. ge-
höriges Feld dem C. auf und überträgt ihm auch den Besitz des Feldes; C. hat ihn zu
diesem Verbrechen durch Bestechung veranlaßt. Hier wird C. im Jahr 1930 Eigentümer
des Feldes.
) Stirbt der fälschlich eingetragene Scheineigentümer im Lauf der Er-
sitzungszeit, so setzt sein Erbe die Ersitzung fort, ohne daß das Grundstück
im Grundbuch auf seinen Namen umgeschrieben zu werden brauchte (sog.
successio in usucapionem). 3 Dagegen kann ein Einzelrechtsnachfolger des
Scheineigentümers die Ersitzung nicht fortsetzen, sondern muß in seiner Person
eine neue Ersitzung beginnen; indeß wird ihm dabei die Vergünstigung zuteil,
daß er die während der Besitzzeit des Rechtsvorgängers verstrichene Ersitzungs-
zeit der seinigen zurechnen darf (sog. accessio possessionis, 900 I Satz 2, 943);
praktisch läuft das auf dasselbe heraus, als ob der Rechtsnachfolger die Ersitzung
seines Vorgängers einfach fortsetzen dürfte (s. aber unten S. 144 Abs. 3).
d) Die Ersitzung wird dadurch gehemmt, daß ein Widerspruch gegen das
Eigentum des Scheineigentümers im Grundbuch eingetragen wird oder daß
Umstände vorliegen, die die Verjährung des dem wahren Eigentümer gegen
den Scheineigentümer zustehenden Eigentumsanspruchs hemmen; fällt der
Hemmungsgrund fort, so wird die Ersitzung — unter Abrechnung der während
der Hemmung verstrichenen Zeit — fortgesetzt (900 1 Satz 2, 3, 939).
Beispiel. Der Scheineigentümer A. heiratet, nachdem sieben Jahre seiner Ersitzung
verstrichen sind, 1908 die wahre Eigentümerin; nach einjähriger Ehe stirbt diese und wird
kraft Testaments von ihrem Bruder B. beerbt. Hier ist die Verjährung zwischen A. und
seiner Frau und demnach auch die Ersitzung des A. im Jahr 1908 gehemmt, wird also
gegenüber B. erst 1932 beendigt.
Gewisse Hemmnisse der Verjährung wirken nur, wenn sie in den letzten sechs Monaten
der Verjährungszeit eintreten: es ist anzunehmen, daß sie auch die Ersitzung nur hemmen,
wenn sie in die letzten sechs Monate der Ersitzungszeit fallen."“ Doch ist die Frage nach dem
Wortlaut des Gesexzes nicht zweifellos.
e) Die Ersitzung wird dadurch unterbrochen, daß der wahre Eigentümer
seinen Eigentumsanspruch gegen den Scheineigentümer gerichtlich — etwa
durch Klage oder durch Zwangsvollstreckung — geltend macht; fällt der
Unterbrechungsgrund fort, so kann die Ersitzung nicht fortgesetzt, wohl aber
von neuem begonnen werden (900 1 Satz 2, 941 Satz 1, 942).
Beispiele. I. In dem oben zu b genannten Fall entdeckt B. die gegen ihn verübte
Betrügerei 1929 und verklagt C. sofort auf Herausgabe. Hier ist die Ersitzung des C. noch
3) Binder, Rechtsstellung des Erben (01) 1 S. 42; abw. Biermann Anm. 1 zu § 943.
4) Biermann Anm. 1, Planck-Greiff Anm. 2 zu § 939.