Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

124 Buch III. Abschnitt 3. Das Eigentum. 
zahlung des Kaufpreises von selber, ohne ein erneutes Rechtsgeschäft des Verkäufers, in das 
Eigentum des Käufers übergehn solle, also eine ausschiebend bedingte Ubereignung. 
4. Der Übereignungsvertrag kann, anders als bei Grundstücken, sowohl 
als abstrakte wie als Zweckzuwendung abgeschlossen werden, ganz nach dem 
Belieben der Parteien." Und zwar läßt sich nicht behaupten, daß die eine 
oder andre Gestaltung des Ubereignungsvertrages die Vermutung für sich habe.) 
Vielmehr ist lediglich die freie Auslegung des Parteiwillens entscheidend. 
Dies gilt namentlich, wenn jemand eine Sache zwecks Erfüllung einer in Wahrheit 
nicht bestehenden Verbindlichkeit dem angeblichen Gläubiger übereignet. Denn daß 812 
dem Veräußerer in diesem Fall einen obligatorischen Anspruch gegen den Empfänger auf 
Herausgabe der Bereicherung gibt, schließt offensichtlich nicht aus, daß ihm außerdem im 
Einzelfall auch ein dinglicher Anspruch auf Rückgabe der Sache zuzugestehn sei. Wir 
müssen vielmehr fragen: ist im Einzelfall anzunehmen, daß der Veräußerer die Gültigkeit 
der Ubereignung von der Gültigkeit seiner vermeintlichen Verbindlichkeit hat abhängig machen 
wollen? Die Frage wird sehr oft zu bejahen, sehr oft aber auch zu verneinen sein. Bei- 
spiele: I. A. hat dem Gutsbesitzer B. eine Lokomobile unter Stundung des Kaufpreises auf 
sechs Monate verkauft und durch einen Angestellten zu B. hinschaffen lassen: B. hat sie auch 
angenommen; während die Lokomobile noch unterwegs ist, hört A., daß B. vor dem Kon- 
kurse stehe, eilt zu dem in der Stadt wohnenden Generalbevollmächtigten B.s und vereinbart 
mit ihm Aufhebung des Kaufs. Hier ist die Ubereignung der Lokomobile unwirksam; A. 
hat also in B.s Konkurse ein Aussonderungsrecht. II. C. sendet seinem Bankier D. 1000 Mk., 
die er ihm schuldig zu sein glaubt, durch Geldbrief; D. nimmt den Brief auch an, obschon 
er weiß, daß C. ihm nichts schuldig ist. Hier ist die Ubereignung gültig, weil nicht anzu- 
nehmen ist, daß C. auf die Fortdauer seines Eigentums an den individuellen, in dem Geld- 
brief enthaltenen Scheinen Wert gelegt hat. 
III. Die Übergabe unterliegt den allgemeinen besitzrechtlichen Regeln. 
Hervorgehoben sei, 
1. daß sie nicht notwendig in Gegenwart der zu übereignenden Sache zu 
erfolgen braucht, 
2. daß sie, ebensogut wie der Abschluß des Übereignungsvertrages im engern 
Sinn, auch durch Stellvertreter vorgenommen werden kann. 
IV. Als Veräußerer braucht, wie bei der Grundstücksübereignung, nicht 
immer der bisherige Eigentümer der zu übereignenden Sache oder ein in dessen 
Namen handelnder Vertreter tätig zu werden. Vielmehr kommt es häufig vor, 
daß auch ein Nichteigentümer zur Übereignung der Sache im eignen Namen 
oder im Namen eines Dritten befugt ist: hierher gehört die Befugnis des 
Pfandgläubigers zum Pfandverkauf, die Befugnis des Ehemanns zur Veräußerung 
der von seiner Frau in die Ehe eingebrachten verbrauchbaren Sachen usw. Ja 
sogar eine von einem Unbefugten vorgenommene Übereignung kann vollgültig 
sein. Der wichtigste hierher gehörige Fall ist der, daß jemand eine nicht in 
5) R. 66 S. 348; Flechtheim, Ztsch. f. Handelsrecht 60 S. 124. 
6) Dernb., BR. 3 § 64; Krückmann, Arch. f. BG. 13 S. 1. Abw. Biermann, Anm. 2 
zu § 929. 
7) Abw. Krückmann a. a. O. S. 5; Kriegsmann, Rechtsgrund der Eigentumsüber- 
tragung (05) S. 100. 
8) Abw. Krückmann S. 8, 9.
	        
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