130 Buch III. Abschnitt 3. Das Eigentum.
eignung durch bloßen Übereignungsvertrag, fälschlich auch traditio
brevi manu genannt. Doch zerfällt die Ubereignung durch Abtretung des
Herausgabeanspruchs wieder in zwei Unterarten, je nachdem der Dritte, gegen
den sich der Herausgabeanspruch des Veräußerers richtet, Unterbesitzer des
Veräußerers ist oder nicht. Ersteren Falls ist der Veräußerer mittelbarer
Besitzer: es liegt also darin, daß er dem Erwerber seinen Herausgabeanspruch
abtritt, zugleich eine Besitzüberweisung; wir werden demgemäß in diesem Fall
auch von einer Ubereignung durch Besitzüberweisung reden können (s. oben
S. 93 II). Letzteren Falls darbt der Veräußerer des Besitzes, und es findet
also auch keine Besitzüberweisung statt; wir werden demgemäß in diesem Fall
von einer Ubereignung durch Abtretung des Herausgabeanspruchs
ohne Besitzüberweisung sprechen.
Beispiele. I. A. verkauft und übereignet seine große Münzsammlung an das Museum
zu B.; den größten Teil der Sammlung liefert er dem Museum sofort aus (Übereignung
durch übergabe): einige besonders schöne Schaustücke behält er zurück, da das Museum sie
ihm auf Lebenszeit leihweise beläßt (U. durch Konstitut); andre Stücke endlich kann er nicht
ausliesern, weil er sie dem C. zur Begutachtung ihrer Echtheit zugeschickt hat (1l. durch Besitz-
überweisung) oder weil sie ihm von seinem Diener D. gestohlen und bei dem Hehler E.
polizeilich mit Beschlag belegt sind (U. durch Abtretung des Herausgabeanspruchs ohne Besitz-
überweisung) oder endlich weil er sie bereits Larber dem Museum zur Ansicht ausgehändigt
hat (U. durch bloßen übereignungsvertrag). II. F. will eine Ladeneinrichtung, die er dem
G. auf fünf Jahr zur Miete überlassen hat, 8 9 übereignen. Hier kann er die Ein-
richtung an H. entweder durch Abtretung seines Vermieteranspruchs gegen G. oder dadurch
übereignen, daß er die Sachen dem H. abmictet und dem G. als nunmehrigem Untermieter
beläßt; ersteren Falls geschieht die Übereignung durch Besitzüberweisung, letzteren Falls
durch Besitzkonstitut.
Von der echten traditio brevi mann, bei der der Erwerber die Sache nicht in Besitz,
sondern in bloßer Inhabung hat, ist oben S. 101 die Rede gewesen.
c) Andre Arten der Übereignung ohne Ubergabe als die zu 2 genannten
gibt es für Fahrnissachen nicht — wenn man von der später zu erörternden
Ausnahme der Übereignung von Grundstückszubehör und von einigen dem
Handelsrecht angehörigen Ausnahmen an dieser Stelle absieht. Die wichtige
Folge ist, daß Fahrnissachen, die sich in niemandes Besitz befinden, schlechter-
dings nicht übereignet werden können, da bei ihnen sowohl die Übereignung
durch Übergabe als auch sämtliche Arten der Übereignung ohne Übergabe aus-
geschlossen sind: besitzfreie Fahrnis ist unveräußerlich.=
Beispiel. Dem A. ist beim Rudern auf dem Neckar ein Goldstück ins Wasser gefallen;
er verschenkt es darauf an den Bootsmann B. Hier kann A. das Goldstück dem B. erst
übereignen, wenn es von irgend jemandem gefunden wird.
2. Soweit bei der Übereignung ohne Übergabe an Stelle der Übergabe
ein Ersatzgeschäft — Besitzkonstitut oder Abtretung des Herausgabeanspruchs
— vorgenommen werden muß, sind der Übereignungsvertrag im engern Sinn
und das Ersatzgeschäft für die Übereignung gleich wesentlich.
2) Heymann, Dingl. Wirkung der Traditionspapiere (05) S. 168.