134 Buch III. Abschnitt 3. Das Eigentum.
VII. Ruhn Nießbrauchs= oder Pfandrechte auf der zu übereignenden
Sache, so sind die Regeln, die für den nämlichen Fall zugunsten des gut-
gläubigen Erwerbers bei der Übereignung durch Übergabe gelten (oben
S. 129 VII), anwendbar, jedoch mit einer zwiefachen Modifikation.
1. Die erste Modifikation ist derjenigen analog, die wir zu IV kennen
gelernt haben: nur dann, wenn bei der Übereignung ohne Übergabe diejenigen
Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen dem gutgläubigen Erwerber der
Mangel des Eigentums auf seiten seines Veräußerers unschädlich ist, sollen
ihm auch die auf der Sache lastenden Nießbrauchs= und Pfandrechte unschäd-
lich sein (936 I Satz 2, 3, II). Insbesondre erlöschen bei der Übereignung
durch Besitzkonstitut die Nießbrauchs= und Pfandrechte trotz Gutgläubigkeit des
Erwerbers erst dann, wenn die Parteien auf das Konstitut die Übergabe
folgen lassen.
2. Die zweite Modifikation ist, daß bei der Übereignung durch Abtretung
des Herausgabeanspruchs (mit Besitzüberweisung oder ohne sie) die Nießbrauchs-
und Pfandrechte trotz des guten Glaubens des Erwerbers dann in Kraft
bleiben, wenn sie gerade dem zur Herausgabe verpflichteten dritten Besitzer
zustehn (936 III). Mit gutem Grunde: denn es geht nicht an, daß durch die
über seinen Kopf fort erfolgende Übereignung er, der Besitzer der Sache,
irgendeine Einbuße an seinen Rechten erleiden sollte.
Beispiele. I. A. hat eine ihm gehörige, aber mit dem Nießbrauch des B. belastete Sache
mit B.3 Erlaubnis, aber in seinem alleinigen Namen dem C. verpsändet; demnächst über-
eignet er die Sache dem D. durch Abtretung seines Herausgabeanspruchs gegen C. Hier
erwirbt D., der weder das Recht des B. noch das des C. kannte oder kennen mußte, das
Eigentum frei von dem Nießbrauch des B., aber belastet mit dem Pfandrecht des C.
II. Gleicher Fall; nur war die Sache bei C. gestohlen, und A. hat sie dem D. durch Ab-
tretung seines Herausgabeanspruchs gegen den Dieb übereignet. Hier bleibt auch der Nieß-
brauch des B. in Kraft, bis es dem D. gelingt, die Sache dem Diebe abzujagen.
7) Ubereignung durch ÜUbersendung. 7
§ 200.
I. Wenn der Veräußerer dem Erwerber die zu übereignende Sache zu-
sendet, liegt hierin regelmäßig eine Übereignung durch Übergabe, bei der
der Transporteur die Rolle eines Vertreters des Veräußerers spielt. Die Folge
ist, daß das Eigentum auf den Erwerber erst übergeht, wenn die Übergabe
vollendet ist, also nicht schon, wenn die Sache abgesendet wird, und auch
nicht, wenn sie am Bestimmungsort ankommt, sondern erst dann, wenn der
Transporteur sie dem Erwerber abliefert. Es macht dabei keinen Unterschied,
ob die Versendung durch Dienstboten oder Gewerbegehülfen des Veräußerers
1) Schröder, Zeitschr. f. Handelsrecht 51 S. 39.