§ 206. Eigentumserwerb durch Fund. Finderlohn. 141
an irgendeinen Unbefugten ohne Legitimationsprüfung herausgibt oder an
die Fundstelle zurückschafft oder gar beliebig fortwirft.
3. Eine Pflicht, dem Empfangsberechtigten nachzuforschen, liegt dem Finder
nicht ob. Vielmehr genügt es, wenn er die Fundsache auf Nachfrage „nicht
verheimlicht" (971 II, 973 II). Dagegen wird die Polizei, wenn ihr der
Fund angezeigt ist, gewisse Nachforschungen anzustellen, namentlich den Fund
öffentlich bekannt zu machen haben; doch überläßt das bürgerliche Gesetzbuch
die Regelung dieser Frage, weil dem öffentlichen Recht angehörig, den Landes-
gesetzen (s. pr. Min Verf. vom 27. Oktober 1899).
III. Der Finder als solcher hat außer seinen Pflichten auch gewisse
Rechte, die er auch dadurch nicht einbüßt, daß er die Sache an die Polizei
abliefert (975).
1. a) Er kann nämlich erstlich Ersatz für diejenigen Aufwendungen
fordern, die er zwecks Verwahrung oder Erhaltung der Fundsache oder zwecks
Ermittlung eines Empfangsberechtigten gemacht hat und den Umständen nach
für erforderlich halten durfte (970), insbesondre für die Fütterung eines zu-
gelaufenen Tiers, für Zeitungsinserate u. dgl.
b) Zweitens kann er einen Finderlohn beanspruchen; dieser beträgt
bei zugelaufenen Tieren 1% des Werts; bei andern Sachen macht er bis zu
300 Mark des Werts 5% und erst von dem Mehrwert 1% aus; bei Sachen,
die im wesentlichen nur einen Affektionswert für den Empfänger haben
(Briefe, Familienbilder u. dgl.), ist der Finderlohn nach billigem Ermessen zu
bestimmen (971 1).
2. Das Recht auf Finderlohn ist ausgeschlossen, wenn der Finder schuld-
haft die Anzeigepflicht verletzt oder den Fund (namentlich bei Sachen im Wert
bis zu 3 Mark) auf Nachfrage verheimlicht hat (971 II); das Recht auf Er-
stattung der Aufwendungen bleibt dagegen auch in diesem Fall bestehn.
3. Der Finder hat die Rechte zu 1 in gleicher Art auszuüben wie ein
Besitzer, der mit einer Vindikation belangt ist und Erstattung seiner Verwen-
dungen fordert (972; s. unten S. 170, 4, 5; 175, 3).
IV. In zwei Fällen braucht der Finder sich nicht mit dem Ersatz seiner
Aufwendungen und einem Finderlohn zu begnügen, sondern darf die Fund-
sache als sein Eigentum behalten.
1. a) Der erste Fall ist der, daß seit der Anzeige des Fundes bei der
Polizei ein Jahr verstreicht, ohne daß ein Empfangsberechtigter dem Finder
bekannt wird oder sich bei der Polizei meldet; der Eigentumserwerb erfolgt
von Gesetzes wegen, mag der Finder ihn beabsichtigen oder nicht; ein vor-
heriges Aufgebot der Empfangsberechtigten ist nicht erforderlich (973 I.
b) Ist der Wert der Fundsache nicht mehr als drei Mark, so gelten drei
Besonderheiten: I. die Jahresfrist beginnt mit dem Funde; II. der lastenfreie
Eigentumserwerb des Finders wird dadurch, daß ein Empfangsberechtigter