§ 210. Grenzklagen. 8 211. Vindikation von Grundstücken. 163
3. Bie Eigentumsansprüche.
à) Die Vindikation.
a) Vindikation von Grundstücken.
8 211.
I. Der Eigentümer eines Grundstücks hat kraft seines Eigentums das
Recht auf den unmittelbaren Besitz des Grundstücks. Daraus ergibt sich, daß
er, wenn das Grundstück sich im unmittelbaren Besitz eines andern befindet,
die Herausgabe beanspruchen kann (985). Dieser Anspruch heißt Grundstücks-
vindikation.
Der Ausdruck „Vindikation“ ist dem römischen Recht entnommen. Selbstverständlich
kann er nur als trauriger Notbehelf gelten und wäre sofort fallen zu lassen, wenn uns ein
brauchbarer deutscher Ausdruck zur Verfügung stände. Das ist aber leider nicht der Fall.
Denn der Ausdruck „Herausgabeanspruch des Eigentümers“ ist schon an und für sich sehr
lang und gestattet außerdem Abwandlungen wie „Vindikant“, „Vindikationsgegner“ nicht.
II. Die Vindikation steht jedem Eigentümer zu, der nicht im unmittel-
baren Besitz des ihm gehörigen Grundstücks ist.
1. Die Vindikation steht dem Eigentümer als solchem zu. Nicht erforder-
lich ist, daß er im Grundbuch eingetragen steht. Doch schafft ihm die Ein-
tragung einen Vorteil: sie erspart ihm, wie wir wissen, den schwierigen
Eigentumsbeweis.
In gewissen Fällen kann die Vindikation auch von einem Nichteigentümer angestellt
werden: insbesondre, wenn der Eigentümer in Konkurs verfallen, von dem Konkursver-
walter, ferner von dem, dem der Eigentümer den Eigentumsanspruch abgetreten hat usw.
2. Die Vindikation steht dem Eigentümer nur zu, wenn er des unmittel-
baren Besitzes darbt, also entweder einem Eigentümer, der sein Grundstück gar
nicht, oder einem Eigentümer, der es bloß mittelbar besitzt.
Beispiel. Ein Gutsherr vindiziert zwei Acker von einem Nachbarn; der Nachbar hat
beide Acker im Besitz, den einen als ihm selber gehörig, den andern auf Grund eines an-
geblich mit dem Erblasser des Vindikanten abgeschlossenen Pachtwertrages.
III. Die Vindikation betrifft Grundstücke aller Art, auch bloße Grund-
stücksteile. Insbesondre kann bei Grenzstreitigkeiten jeder Eigentümer, der den
richtigen Lauf der Grenze nachzuweisen vermag, die Herausgabe des diesseits
der Grenze belegenen, aber vom Nachbarn besessenen Grenzstücks mittels ge-
wöhnlicher Vindikation beanspruchen.
Die Vindikation erstreckt sich im Zweifel auch auf das Grundstückszubehör. Das ist
so selbstverständlich, daß, wenn im Vindikationsprozeß eine Ausnahme gelten soll, dies in
Klage und Urteil ausdrücklich gesagt werden muß. Nur solches Zubehör, das dem Vindi-
kanten nicht gehört, ist von der Vindikation ausgenommen; doch dürfte bezüglich des Zubehör-
egentums die Beweislast nicht dem Vindikanten, sondern dem Gegner aufzubürden sein.
IV. Einer besondern Begründung bedarf die Vindikation nicht: steht das
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