166 Buch III. Abschnitt 3. Das Eigentum.
verwahrlost, so kann statt des Eigenbesitzers oder neben ihm der Eigentümer Schadensersatz
fordern (991 ID).
3. Die Nebenleistungen, die der Vindikant von dem Besitzer fordern kann,
werden dadurch vergrößert, daß der Besitzer mit der Herausgabe des Grund-
stücks in Verzug gerät oder daß er sich seinen Besitz durch ein Delikt
verschafft hat, ersteres nach den allgemeinen für den Verzugsfall, letzteres
nach den allgemeinen für die Delikte geltenden Regeln, jedoch mit folgenden
Beschränkungen (990, 992, 993 I zweite Satzhälfte):
a) Eine Erschwerung der Haftung des Besitzers nach Verzugsrecht tritt
nur ein, wenn der Besitzer den Besitz in schlechtem Glauben erworben oder
seinen Rechtsmangel nachträglich erfahren hat.
b) Eine Erschwerung der Haftung des Besitzers nach Deliktsrecht tritt
nur ein, wenn der Besitzer sich den Besitz durch ein kriminell strafbares
Delikt oder durch verbotene Eigenmacht verschafft hat (s. oben Bd. 1 S. 689 17).
Beispiel. Der schlechtgläubige Besitzer braucht nach der Regel zu 1 a nur solche
Früchte herauszugeben, die er tatsächlich gezogen hat oder als ordentlicher Wirt hätte ziehn
können; wird er aber in Verzug gesetzt oder ist er durch Erpressung u. dgl. in den Besitz
des Grundstücks gekommen, so muß er auch solche Früchte erstatten, die zwar nicht er
selbst oder ein andrer guter Wirt, wohl aber dank besondrer ihn begünstigender Umstände
der Vindikant zu ziehn in der Lage war (kructus percipiendi). Auf einen in Verzug ge-
setzten oder durch rechtshängige Vindikarion bedrängten gutgläubigen Besitzer ist dies nicht
auszudehnen.
Dunkel bleibt: ist ein Besitzer, der sich den Besitz durch verbotene Eigenmacht ver-
schafft, „nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen Delikts“ auch dann haftbar,
wenn er schuldlos war? Biermann zu § 992 verneint die Frage, weil der Schadensersatz
nach Deliktsrecht stets ein Verschulden des Täters voraussetze; das trifft aber doch nicht all-
gemein zu (829, 833).
4. Das Recht des Eigentümers auf die ihm gebührenden Nebenleistungen
ist, obschon ein Ausfluß seines Eigentums, doch nur zum Teil ein dingliches,
nämlich nur so weit, als es auf natürliche Früchte gerichtet ist, die sich nach
den früher dargestellten Regeln in seinem Eigentum befinden. Im übrigen ist
es ein Forderungsrecht; insbesondre gilt dies für Früchte, die der Besitzer
nach Eintritt der Rechtshängigkeit in gutem Glauben gezogen hat: denn wie
früher erwähnt, steht das Eigentum dieser Früchte nicht dem Vindikanten als
dem Eigentümer der Muttersache, sondern dem Gegner als dem Besitzer der
Muttersache zu; der Vindikant fordert also die Herausgabe dieser Früchte, nicht
weil sie ihm, sondern obschon sie dem Gegner gehören. Insoweit entbehrt
denn auch der Vindikant im Konkurse des Gegners eines Aussonderungsrechts.
VII. An irgendeine Frist ist die Vindikation nicht gebunden. Ist der
Vindikant oder sein Erblasser als Eigentümer eingetragen, so ist seine Vindi-
kation sogar unverjährbar, außer soweit sie auf Schadensersatz geht (902).
VIII. Der Besitzer kann gegen die Vindikation die Einrede eines
bessern Rechts auf den Besitz des Grundstücks geltend machen (986).“
4) M. Wolff, Recht zum Besitze (03); vgl. Siber, Passivlegitimation (07) S. 227.