Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

8 211. Grundstücksvindikation. Erstattung von Verwendungen. 169 
dessen Kosten nicht erstattungsfähig, weil die etwa durch den Neubau hervorgebrachte Wert- 
erhöhung des Guts durch den Brand vernichtet ist. 
e) Der Erstattungsanspruch zu a und b erfährt eine Beschränkung für 
die Zeit, während deren dem Besitzer die Nutzungen des Grundstücks ver- 
bleiben. Es brauchen nämlich für diese Zeit die Aufwendungen für die ge- 
wöhnliche Unterhaltung des Grundstücks nicht erstattet zu werden (994 I 
Satz 2); diese Aufwendungen werden also gegen die Grundstücksnutzungen 
summarisch aufgerechnet, mögen sie nun im Einzelfall den Wert der Nutzungen 
übersteigen oder dahinter zurückbleiben. 
Beispiele. I. Gesetzt, daß in dem zu b genannten Fall A. das schadhafte Dach des 
Pferdestalls 1910 notdürftig ausgebessert hat, so sind die dafür verwendeten Kosten, so nützlich 
oder gar nötig die Verwendung war, nicht zu erstatten, weil sie zu den gewöhnlichen Unier- 
haltungskosten des Jahrs 1910 gehörten und dem A. wegen seiner Gutgläubigkeit für dies 
Jahr die Nutzungen des Güuis verbleiben. II. 1. Anders, wenn A. das Gut in schlechtem 
Glauben erworben hat und B. von ihm die Herausgabe der Nutzungen des Jahrs 1910 
fordert: hier kann A. für jene Ausbesserungskosten volle Vergütung beanspruchen. 2. Das- 
selbe nimmt die herrschende Meinung' auch für den Fall an, daß B. dem A. trotz seiner 
Schlechtgläubigkeit die Nutzungen für das Jahr 1910 freiwillig beläßt; das erstaunliche Er- 
gebnis wäre, daß A., falls die Nutzungen eines Jahrs tatsächlich so gering sind, daß sie nicht 
einmal die gewöhnlichen Unterhaltungskosten decken, sich auf seinen schlechten Glauben zu seinem 
eignen Vorteil berufen könnte! Ich versage deshalb dem A. in dem genannten Fall den 
Erstattungsanspruch, und zwar um so entschiedener, als der Wortlaut des Gesetzes mit meiner 
Meinung ebenso verträglich ist wie mit der Gegenmeinung. 
4) Zu den nötigen Verwendungen, die dem Besitzer nach Maßgabe der 
Regeln zu a—c zu erstatten sind, gehört es auch, wenn der Besitzer die auf 
dem Grundstück ruhenden Lasten bestreitet (995 Satz 1); jedoch gilt für die 
Beit, für die dem Besitzer die Nutzungen des Grundstücks verbleiben, die Be- 
schränkung, daß nur die Aufwendungen für außerordentliche Lasten, „die als 
auf den Stammwert des Grundstücks gelegt anzusehn sind“, erstattet zu werden 
brauchen (995 Satz 2). Gar nicht erstattungsfähig ist das etwaige Entgelt, 
das der Besitzer für den Erwerb des Grundstücks entrichtet hat; denn diese 
Leistung ist für den Vindikanten ohne Interesse. 
Beispiele. I. Erstattungsfähig ist die Bezahlung eines auf dem streitigen Grundstück 
ruhenden von dem Gläubiger gekündigten Hypothekenkapitals. II. Das nämliche gilt auch 
für die Zahlung der Hypothekenzinsen, es sei denn, daß dem Besitzer für die Zeit, während 
deren die Zinsen laufen, die Nutzungen des Grundstücks verbleiben. III. A. hat von dem 
unbesugten B. ein Gut gepachtet und den Pachtzins für das erste Pachtjahr im voraus 
bezahlt; gleich nach Beginn des Pachtjahrs muß er das Gut auf die Vindikation des Eigen- 
tümers C. räumen. Hier kann A. die Wiedererstattung des Pachtzinses nicht von C., 
sondern nur von B. verlangen. 
e) Besondre Regeln gelten für die Aufwendungen, die der Besitzer auf 
die Früchte des von ihm herauszugebenden Grundstücks gemacht hat: diese 
Aufwendungen sind ihm, ohne daß es auf seinen guten oder schlechten Glauben 
ankommt, insoweit zu ersetzen, als sie einer ordnungsmäßigen Wirtschaft ent- 
sprechen und den Wert der Früchte nicht übersteigen, und zwar unbedingt, 
7) E. Schultz, Pfandansprüche (03) S. 562; Crome 3 S. 417 .
	        
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