§ 212. Fahrnisvindikation. Beweislast. Lösungsanspruch. 175
eignet worden (s. oben S. 129 1, 1), so kann der Besitzer der Vindikation des
neuen Eigentümers alle Einwendungen entgegenstellen, die ihm gegen den ab-
getretenen Herausgabeanspruch des alten Eigentümers zustanden (986 UI).
Dies ist namentlich für die Einrede eines besseren Rechts auf den Besitz der
Sache wichtig: der neue Eigentümer muß hier ein solches Recht gegen sich gelten
lassen, auch wenn es den alten Eigentümer nur obligatorisch verpflichtete.
Beispiele. I. A. hat dem B. eine Fahrnissache verkauft und übereignet und sich dabei
das Rückkaufsrecht vorbehalten; nun übereignet B. die Sache durch Besitzkonstitut weiter an
C. ohne ihm etwas von dem Rückkaufsrecht des A. zu sagen; als jetzt A. sein Rückkaufsrecht
geltend macht, gibt B. ihm die Sache gegen Zahlung des Rückkaufpreises heraus, teilt ihm
aber mit, daß er die Sache inzwischen schon an C. veräußert habe. Hier kann A., wenn C.
die Sache von ihm vindiziert, sich auf sein Rückkaufsrecht nicht berufen, da es keine dingliche
Kraft har und nicht gegenüber C. wirkt. II. Derselbe Fall; nur hatte A., ehe er sein Rück-
kaufsrecht geltend machte, die Sache sich auf einige Tage zurückgeben lassen, um sie noch
einmal gründlich zu prüfen; gerade in diesen Tagen hat die Ubereignung der Sache von
V. an C. stattgefunden und zwar dadurch, daß B. seinen Herausgabeanspruch gegen A. dem
C. abtrat; als A. dies hört, erklärt er den Rückkauf und weigert sich, die Sache dem C.
herauszugeben. Hier ist die Berufung des A. auf sein Rückkaufsrecht, obschon das Recht
auch in diesem Fall kein dingliches ist, auch gegenüber C. wirksam.
b) Ist das bessere Recht des Besitzers streitig, so trifft die Beweislast den
Vindikanten, wenn es sich um ein Nießbrauchs= oder Pfandrecht handelt und
der Vindikationsgegner seinen Besitz in Wahrnehmung dieses Rechts ausübt
(L. 1065, 1227, 1006).“
Beispiel. A. vindiziert von C. zwei Sachen, deren eine sich im Miet-, deren andre sich
im Pfandbesitz des B. befindet; B. beruft sich einredeweise auf sein Miet= und Pfandrecht;
A. bestreitet sowohl das eine wie das andre Recht. Hier muß B. das Vorhandensein des
Miet-, A. muß das Nichtvorhandensein des Pfandrechts beweisen.
c) Ist die Vindikation gegen eine öffentliche Pfandleihanstalt gerichtet,
die die Streitsache von einem Unbefugten als Pfand für ein von ihr gewährtes
Darlehn erworben hat, so kann nach dem Landesrecht Bayerns und einiger
andrer Staaten die Herausgabe des Pfandes nur gegen Bezahlung des Dar-
lehns gefordert werden, auch wenn das Pfand dem Eigentümer abhanden ge-
kommen war und die Anstalt deshalb ein vollgültiges Pfandrecht an der Sache
nicht erlangt hat (EG. 94 II; AusfGes. Bayern 91, Baden 29 usw). Der
Lösungsanspruch, der dem unrechtmäßigen Eigenbesitzer, wie wir sahn, versagt
wird (oben zu 1 2), wird also dem unrechtmäßigen Pfandbesitzer wenigstens
in beschränktem Umfange landesgesetzlich zugestanden.
3. a) Hat der Besitzer die Sache dem Vindikanten herausgegeben, so beträgt die Frist,
während deren jener seinen Anspruch auf Ersatz der Verwendungen geltend machen muß,
nicht sechs Monate, wie bei der Grundstücksvindikation, sondern nur einen Monat (1002 1).
b) Gibt der Eigentümer, den der Besitzer unter Bestimmung einer angemessenen Frist
zur Genehmigung der von ihm gemachten Verwendungen aufgefordert hat, binnen der Frist
keine Erklärung ab, so kann der Besitzer sich aus der Sache außergerichtlich „nach den Vor-
schrifen über den Pfandverkauf“ befriedigen; hat der Eigentümer dagegen binnen der Frist
8) Bgl. Siber, Passivlegitimation (07) S. 227.
4) Crome, Jahrb. f. Dogm. 37 S. 63; Gierke, Fahrnisbesitz S. 35.