208 Buch III. Abschnitt 4. Das Erbbaurecht und die Dienstbarkeiten.
c) Der Nießbrauch an Forderungen und verwandten Rechten.
§ 218a.
I. 1. a) Der Forderungsnießbrauch ist die Mitberechtigung aus
einer Forderung, kraft deren der Mitberechtigte die Nutzungen der Forderung
ziehn darf (s. 1068, 1074 ff.); er ist also ein Anteil an einer Forderung; oder,
anders formuliert: gewisse Funktionen dieser Forderung sind dem Nießbraucher
allein oder dem Nießbraucher und dem Gläubiger gemeinschaftlich übertragen.
Das Gesetz bringt dies dadurch zum Ausdruck, daß es den Forderungs-
nießbrauch als ein Recht „an“ der Forderung bezeichnet.
Doch ist das irreführend, weil man, wenn diese Bezeichnung richtig wäre, ebensogut
sagen müßle, der Gläubiger selber habe ein Recht an seiner Forderung, der Eigentümer
habe ein Recht an seinem Eigentum usw. Es geht eben nicht an, die Beziehung dessen,
dem ein Recht ganz oder teilweise zusteht, zu ebendiesem Recht ein Recht „an“ diesem Recht
zu nennen.
b) Da der Forderungsnießbrauch weiter nichts als ein Anteil an einer
Forderung ist, ist er nicht dinglicher, sondern obligatorischer Natur.
Freilich müssen auch dritte Personen im Streitfall anerkennen, daß die Nießbrauch-
forderung nicht dem Gläubiger allein, sondern ihm und dem Nießbraucher zusammen zusteht.
Doch gilt das nämliche auch dann, wenn bei einer nießbrauchfreien Forderung streitig wird,
ob sie dem wirklichen Glänbiger gehört. Beispiel: A. belegt eine Forderung, die angeblich
seinem Schuldner B. gegen C. zustehn soll, während sie in Wirklichkeit dem D. zusteht, mit
Beschlag; hier kann D. gegen A. auf Freigabe der Forderung klagen.
2. Ist die Nießbrauchforderung mit einer Hypothek oder einem andern
Pfandrecht verbunden, so erstreckt sich der Nießbrauch auch auf dies Pfand-
recht, d. h. der Nießbraucher hat auch an diesem Pfandrecht einen Anteil (1069,
401). Alsdann ist der Nießbrauch, sofern es sich um ein Pfandrecht an
Grundstücken oder Fahrnis handelt, zugleich dinglicher Natur; und zwar ist er
ein dingliches Recht zweiter Ordnung.
3. Dem Nießbrauch an einer hypothekarisch gesicherten Forderung nahe
steht der Nießbrauch an einer Grundschuld oder einer Reallast. Er wird denn
auch dem ersteren analog behandelt (s. 1080, 1073, 1107, 1291).
II. 1. Die Begründung des Forderungsnießbrauchs geschieht regelmäßig
durch Vertrag (s. aber 1075 1, 1046 1 usw.). Auf ihn kommen dieselben
Regeln zur Anwendung wie auf die vertragsmäßige Abtretung der Forderung
(1069). Da diese Regeln, wie wir sehn werden, sehr verschieden sind, je nach-
dem die Forderung einer hypothekarischen Sicherung entbehrt oder durch eine
Hypothek gesichert ist, so gestaltet sich auch die Begründung des Nießbrauchs
an diesen Forderungen sehr verschieden.
1) Siehe Horn, Rechte als Objekte des Pfandrechts (97) S. 57.
2) RE. 43 S. 403.