§ 220. Alteres Recht. Übergangsvorschriften. 217
das Baugrundstück „das Grundbuch als angelegt anzusehn ist“, dem alten, nachher dem
neuen Recht. Doch gilt eine Ausnahme für ein Erbbaurecht, das nach altem Recht zulässig,
nach neuem Recht unzulässig sein würde, also z. B. für ein dem jeweiligen Eigentümer eines
andern Grundstücks zustehendes Erbbaurecht: es kann nämlich seit dem 1. Januar 1900 nicht
mehr neu begründet werden, auch wenn das Grundbuch für das Baugrundstück noch nicht
als angelegt gilt (EG. 189 1). — Ein unter der Herrschaft des alien Rechts begründetes
Erbbaurecht wird nicht immer im Grundbuch eingetragen sein, da ja ein Eintragungszwang
für das Erbbaurecht bisher nur in einem Teil Deutschlands bestand. Über ein derartiges
nicht eingetragenes Erbbaurecht ist folgendes zu bemerken:
a) Das nicht eingetragene Erbbaurecht dauert auch nach dem Zeitpunkt, in dem das.
Grundbuch für das Baugrundstück „als angelegt anzusehn ist“, mit dinglicher Kraft sort; der
Bauberechtigte ist also nicht unbedingt genötigt, die nachträgliche Eintragung des Rechts im
Grundbuch zu betreiben.
6) Das nicht eingetragene Erbbaurecht ist aber im Vergleich zu eingetragenen Rechten
schwer benachteiligt. Denn ihm steht die Vermutung der Richtigkeit des Grundbuchs nicht
zur Seite; ist also sein Dasein oder sein Umfang streitig, so trifft die Beweislast den
Bauberechtigten, selbst wenn er jahrelang im Besitz des Baugrundstücks gewesen ist. Ja
schlimmer noch, ihm steht die Fiktion der Unfehlbarkeit des Grundbuchs sogar positiv entgegen:
wenn also der Grundstückseigentümer über das Baugrundstück zugunsten eines Dritten ver-
fügt, der das Erbbaurecht nicht kennt, läuft der Bauberechtigte Gefahr, andern jüngeren
Rechten den Vorrang vor seinem Baurecht einräumen zu müssen oder das Baurecht ganz.
einzubüßen (s. EG. 187). Um dem einen wie dem andern Nachteil zu entgehn, wird es
sich empfehlen, wenn der Bauberechtigte die nachträgliche Eintragung seines Rechts aus freien
Stücken erwirkt. Zu diesem Zweck steht ihm das Verfahren der Grundbuchberichtigung offen.
b) Der Inhalt eines Erbbaurechts unterliegt, wenn es vor dem 1. Januar 1900 be-
gründet ist, auch nach diesem Zeitpunkt grundsätzlich dem alten Recht (s. EG. 184)1; das
nämliche gilt für ein Baurecht, das nach dem 1. Januar 1900, aber vor dem Tage, an dem
das Grundbuch „als angelegt anzusehn“ ist, begründet wurde.? Das neue Recht bezieht sich
also nur auf den Inhalt eines nach Anlegung des Grundbuchs begründeten Baurechts.
r) Die Übertragung und das Erlöschen eines Erbbaurechts unterliegt bis zu dem Tage,
an dem das Grundbuch „als angelegt anzusehn“ ist, dem alten, von da ab dem neuen Recht.
Und zwar gilt die Herrschaft des neuen Rechts — anders als bei der Regel zu b — von
dem gedachten Zeitpunkt ab auch für solche Rechte, die bereits vor diesem Zeitpunkt begründet
waren (EG. 189 1); doch greift eine Ausnahme Platz, wenn ein vor Anlegung des Grund-
buchs begründetes Erbbaurecht auch nachher nicht im Grundbuch eingetragen wird: das Er-
löschen eines solchen nicht eingetragenen Erbbaurechts unterliegt auch nach der Grundbuch-
anlegung dem alten Recht (EG. 189 III).
2. Für den Grundstücksnießbrauch und die beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten
gelten die nämlichen Übergangsvorschriften wie für das Erbbaurecht.
3. Dagegen gelten jene Ubergangsvorschriften bei den Grunddienstbarkeiten nur mit
folgenden Abweichungen:
a) Grunddienstbarkeiten, die noch unter der Herrschaft des alten Rechts begründet und
im Grundbuch nicht eingetragen sinds, werden durch die Fiktion der Unsehlbarkeit des Grund-
buchs nur in denjenigen Rechtsgebieten benachteiligt, in denen dies landesgesetzlich besonders
bestimmt ist, wie in Bayern, Hessen, Mecklenburg und Hamburg (E. 187; bayr. Ges. v.
9. 6. 99 Art. 10; Aussf Ges. Hessen 141 usw.). Im übrigen Deutschland, also namentlich
in Preußen, Sachsen, Württemberg, Baden, wird die dingliche Wirksamkeit dieser Grund-
dienstbarkeiten durch ihre Nichterwähnung im Grundbuch nicht verkürzt; der Erwerber eines
Grundstücks muß also hier die auf dem Grundstück lastenden nicht eingetragenen älteren
Grunddienstbarkeiten auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er sie nicht gekannt hat und
1) RG. 56 S. 13.
2) Planck Anm. 7 zu EcG. 189; abw. Niedner Anm. IV 1c zu E. 189.
38) N. 62 S. 100.