Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 224. Briefhypothek, Vorlegung d. Briefs. Legitimation d. Gläubigers. 231 
des B., die ohne Vorlegung des Briefs vorgenommen wäre, zwar ordnungswidrig, aber 
anscheinend materiell vollwirksam. 
Unanwendbar sind die vorstehenden Regeln, wenn eine Eintragung vorgenommen wird, 
die zwar einen im Pfandrechtsbrief angegebenen Punkt berührt, aber nicht „bei“ dem Pfand- 
recht erfolgt; es bedarf also in diesem Fall der Vorlegung des Briefs vor der Eintragung 
nicht, und ein Vermerk über die vollzogene Eintragung wird nur dann auf dem Brief vor- 
genommen, wenn der Gläubiger es besonders beantragt (s. RGrOrdn. 57 III). Beispiel: auf 
einem Hypothekenbrief ist angegeben, daß auf dem Pfandgrundstück bereits eine andre Hypothek 
eingetragen sei; nun wird diese ältere Hypothek nachträglich gelöscht. 
4) Ist jemand als Gläubiger eines Briefpfandrechts zwar nicht im Grund- 
buch eingetragen, aber doch dadurch legitimiert, daß er sich im Besitz des 
Pfandrechtsbriefs und der oben S. 229 zu aa genannten bis auf den letzteinge- 
tragenen Gläubiger zurückführenden Ergänzungsurkunden befindet, so hat das für 
die Feststellung seines Gläubigerrechts die nämliche Wirkung, wie wenn das Grund- 
buch ihn selber als Gläubiger benennte: je nach Lage des Falls wird also diese 
seine Legitimation als unfehlbar fingiert oder wenigstens so lange, als der Gegen- 
beweis nicht erbracht ist, als richtig vermutet (s. 1155). Das Gesetz begnügt sich 
demnach nicht damit, daß es, wie oben bereits erwähnt, die Übertragung eines 
Briefpfandrechts durch Rechtsgeschäft oder Zwangsvollstreckung auch ohne Ein- 
tragung im Grundbuch zuläßt, sondern es stattet obendrein den außerhalb des 
Grundbuchs erfolgenden Übertragungsakt auch mit den spezifischen Rechts- 
wirkungen aus, die sonst nur mit der Eintragung im Grundbuch verbunden sind.“ 
Beispiele. I. 1. Der minderjährige A. hat eine für ihn im Grundbuch eingetragene Brief- 
#ppothek gegen den Willen seines Vormundes durch eine öffentlich beglaubigte Abtretungserklärung 
unter Übergabe des Hypothekenbriefs, aber ohne Eintragung im Grundbuch auf den B., B. hat 
sie in derselben Art auf den C. übertragen; weder B. noch C. haben gewußt, daß A. minder- 
jährig war. Hier ist die Hypothek zwar nicht auf B., wohl aber auf C. rechtswirksam über- 
gegangen. 2. Anders wäre zu entscheiden, wenn eine der beiden Abtretungserklärungen 
der öffentlichen Beglaubigung darbte. Denn alsdann wäre die Regel zu d unanwendbar, 
und es kämen nur die allgemeinen Regeln über die Unfehlbarkeit des Grundbuchs zur An- 
wendung. Diese helfen aber dem C. nichts; denn das Grundbuch besagt weder etwas dar- 
über, ob A. voll= oder minderjährig war, noch daß die Hypothek auf B. übergegangen sei; 
seine Unfehlbarkeit hat also für den Erwerb des C. keine Bedeutung. II. D. hat in der 
eben zu I genannten Art eine ihm zustehende Briefhypothek erst dem E. und dann unred- 
licherweise ein zweites Mal dem gutgläubigen F. abgetreten; die Übergabe des Hypotheken- 
briefs an F. ist ihm dadurch möglich geworden, daß E. den ihm bereits übergebenen Brief 
dem D. zur Aufbewahrung zurückgegeben oder daß D. den Brief dem E. gestohlen hat. 
Hier ist — sofern wir den keineswegs zweifellosen Sinn von 1155 in der oben zu d auf- 
gestellten Formel richtig wiedergegeben haben = der Erwerb des F. rechtsgültig, wenn die 
Abtretungserklärung von D. an F. öffentlich beglaubigt war. III. Eine für G. eingetragene 
Briefhypothek ist laut einer Reihe aufeinanderfolgender schriftlicher Abtretungserklärungen 
ohne Eintragung im Grundbuch von G. auf H., von H. auf I., von J. auf K., von K. auf 
L. übertragen; L. ist im Besitz des Hypothekenbriefs; nun stellt sich heraus, daß die angeb- 
liche Abtretungserklärung des H. auf J. gefälscht war, ohne daß I., K. und L. etwas davon 
wußten. Hier ist der Erwerb des L. zweifellos gültig, wenn sämtliche Abtretungserklärungen 
öffentlich beglaubigt waren. Dasselbe ist aber auch anzunehmen, wenn die Abtretungs- 
erklärung von K. au L. der Beglaubigung entbehrte 7; allerdings spricht der Wortlaut von 
6) Bernhöft in seinen und Binders Beiträgen zur Ausl. d. BGB. S. 383. 
7) Planck-Strecker Anm. 2be zu 1155.
	        
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