Object: Rechtslexikon. Dritter Band. Erste Hälfte. Pachmann - Stöckhardt. (2.3.1)

Soden — Sodomie. 693 
Soden, Friedr. Jul. Heinr. Graf von, 5 4. XII. 1754 zu Ansbach, 
wurde sehr jung Geh. Regierungsrath, nachher Geh. Rath, lebte als Preuß. Ge- 
sandter am Fränkischen Kreise zu Nürnberg, 1790 in den Reichsgrafenstand erhoben, 
+ 13. VII. 1831. 
Schriften: Geist der peinl. Gesetzebung Deutschlands, 1782, 1783, 2. Aufl. Frankf. 
1792. — Ueber Nürnbergs Finanzen, 1795. — Das agrar. Gesetz, Ansb. 1797. — Die Staats- 
haushaltung, Erl. 1812. — Die Nationalökonomie, Leipz., Aarau und Nürnb. 1805—1824. 
midt, Neuer Nekrolog der Deutschen, S. 624—627. — Molcher. Gesch. 
der 5½ onomil, 1874, S. 674—686. Teichmann. 
Sodomie: Unkeuschheit wider die Natur, nefanda venus seu libido, verübt 
an sich selbst, mit anderen Menschen gleichen Geschlechts, an Thieren, an Leichen. 
Von diesen Arten der naturwidrigen Befriedigung des Geschlechtstriebes werden nur 
einige als kriminell strafbar behandelt; obgleich Selbstbefleckung am verderblichsten 
ist, gilt selbige durch Jahrhunderte nicht als Verbrechen. Seit Damhouder, 
Carpzov ist grundsätzlich jede widernatürliche Wollust als bürgerlich strafbar er- 
klärt. Das Mosaische Recht straft mit Tod die unnatürlichen Gräuel der Begattung 
zwischen Mensch und Vieh, die irrigerweise für fruchtbar gehalten wurde und die 
Wollustbefriedigung von Mann mit Mann, die Päderastie. Das Laster der Tribaden 
oder die Lesbische Liebe erscheint nicht mit Strafe bedroht; so tief der sittliche 
Abscheu vor Verunreinigung der Art und Gattung, vor Frevel gegen die durch 
Zeugung geheiligte Lebensordnung erfaßt wird, so fehlt doch der klare Ausspruch, 
daß durch die widernatürliche Unzucht zwischen Personen gleichen Geschlechts zugleich 
eine Mitschuld begründet werde, die bei der Unzucht an Kindern und Thieren nicht 
vorhanden ist; sachlich gedacht, erscheint die sodomia ratione sexus strafbarer als 
die sodomia ratione generis, sie ist zugleich Korruption der Geschlechtssittlichkeit und 
verfündigt sich an der Menschennatur im Mitschuldigen, abgesehen von der Ent- 
nervung und Versumpfung durch Entartungen der Geschlechtsgemeinschaft. Der Pest- 
hauch dieser Karrikatur der natürlichen Geschlechtsliebe infizirt die vorchristliche Ge- 
sellschaft und Literatur, auch die Griechische Männerliebe sinkt zu naturwidriger 
Geilheit herab und bringt Verderben nach Rom, wie Martial's Epigramme und 
Paulus' Brief an die Römer bezeugen. Das Röm. Recht stellt nur gewisse 
Arten der naturwidrigen Unzucht, namentlich Knabenschändung unter den Gesichts- 
punkt des stuprum. VBalentinian greift auf die aus dem Mosaischen Recht ab- 
geleitete Strafe des Feuertodes zurück, welchem das kirchliche und Gemeine Deutsche 
Recht sich anschließen. Die CCC behandelt nur die Unzucht zwischen Männern und 
die Bestialität als Kapitalverbrechen. Im 17. und 18. Jahrh. wird der Kreis der 
Kriminalität ungeheuerlich erweitert. Ausläufer dieser Richtung fanden sich noch in 
einzelnen neueren Straf GB. für Braunschweig, Hessen, Thüringen, welches letztere auch 
Leichenschändung bis zu einem Jahr Gefängniß bestrafte. Eine andere Richtung in 
der Auffassung der Fleischesverbrechen fällt mit der bedeutsamen, wenngleich ein- 
seitigen Beschränkung des Verbrechensbegriffes auf unmittelbare Rechtsverletzungen 
zusammen seit Beccaria, Cella, Feuerbach. Da Onanie, S., Bestialität 
blos Sünden, keine Rechtsverletzungen enthalten, strich letztere das Oesterr. Kriminal- 
gesetz von 1787 aus der Reihe der Verbrechen. Diesem folgte die Strasgesetzgebung 
für Bayern von 1813, für Württemberg und Hannover, obgleich Feuerbach später 
1822 davon abgewichen ist und die widernatürliche Wollust den Verbrechen gleich 
gestellt hat, ungeachtet dadurch Rechte anderer nicht verletzt werden. Preußen blieb 
auf dem gemeinrechtlichen Boden stehen und das RStrafe#B. sagte sich von der 
Strafbestimmung des § 143 des Preuß. Strafgesetzes nicht los, während das Gut- 
achten der Preuß. Medizinaldeputation 1869 die Beseitigung derselben nach dem 
Vorgange des Oesterr. Entw. von 1867 befürwortet hat. Der Entw. von 1874, 
§ 190 bedroht die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen des männlichen 
Geschlechts oder von Menschen mit Thieren begangen wird, mit Gefängniß. Wenn
	        
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