Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

268 Buch III. Abschnitt 5. Das Pfandrecht an Grundstücken. 
der Roggen nicht sofort dauernd vom Gut fortschaffen, z. B. weil D. keine freien Lager- 
räume zur Verfügung hat, so kann A. ihn trotzdem von der Pfandhaftung befreien, indem 
er ihn in Säcke packen, Sack für Sack auf die öffentliche Landstraße tragen, einen Augen- 
blick von pfandfreier Luft umwehn und schließlich wieder in die Pfandluft seines Speichers 
zurückbringen läßt. II. Der Speicher auf dem Gut E.s ist durch Brand zum Teil beschädigt; 
E. kann deshalb zwar den Roggen darin einlagern, muß dagegen den Weizen vom 1. November 
ab vorübergehend auf einem Nachbargut unterbringen; gerade als er vier Wochen später 
den Weizen auf sein Gut zurückschaffen will, meldet sich F. als Käufer für Weizen und 
Roggen zusammen; E. verkauft und übereignet ihm das ganze Getreide durch Übergabe am 
1. Dezember, und F. läßt es am 3. Dezember von beiden Gütern abholen; nun ist in- 
zwischen Roggen und Weizen für E.s Hypothekengläubiger mit Beschlag belegt, und zwar für 
G. am 25. Oklober, für H. am 30. November, für J. am 2., für K. am 5. Dezember. Hier 
kommt die Beschlagnahme des K. in Ansehung des Roggens und Weizens, die Beschlagnahme 
des J. wenigstens in Ansehung des Weizens zu spät. Dagegen ist sie im übrigen rechtzeitig 
und „perpetuiert“ demnach das Pfandrecht, vorausgesetzt, daß die Beschlagnahme des Roggens 
am 3. Dezember zur Zeit der Abyolung, die Beschlagnahme des Weizens am 1. Dezember zur 
Zeit der übergabe dem F. bekannt oder nur infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt gewesen ist. 
c) Pfandfrei sind die getrennten Früchte endlich, wenn sie zwar mit der 
Trennung in das Eigentum des Grundstückseigentümers oder Grundstücks- 
eigenbesitzers übergegangen und auch später darin verblieben, aber tatsächlich 
vor der Beschlagnahme von dem Pfandgrundstück entfernt worden sind, voraus- 
gesetzt erstens, daß die Trennung der Früchte den Regeln guter Wirtschaft ent- 
sprach, zweitens, daß die Entfernung nicht nachweislich bloß zu einem vorüber- 
gehenden Zweck geschah (1122 1). 
Beispiele. I. Dem A. gehören zwei aneinander grenzende Güter 1 und y, von denen 
X zugunsten des B., y zugunsten des C. hypothekarisch belastet ist. Hier kann A., solange 
keine Beschlagnahme erfolgt, die Feldfrüchte beider Güter bei der Ernte oder nachher beliebig 
pfandfrei machen, indem er die von x nach y schafft und umgekehrt. II. D. hat in unwirt- 
schaftlicher Weise sein zugunsten des E. hypothekarisch belastetes Waldgrundstück z auf einmal 
abgeholzt. Hier wird das Holz nicht, wie die Feldfrüchte zu I., durch bloße Entfernung von #, 
sondern (nach Maßgabe der Regeln zu b) erst durch Entfernung und Veräußerung pfandfrei. 
2. Die Pfandhaftung ergreift zweitens alle andern getrennten Bestandteile 
des Pfandgrundstücks außer den Früchten nach Maßgabe derselben Regeln wie 
zu 1 (1120, 1121, 1122 1). 
Beispiel: das Abbruchmaterial eines eingerissenen Hauses. 
3. Die Pfandhaftung ergreift drittens das ganze Grundstückszubehör nach 
Maßgabe ähnlicher Regeln wie zu 1 (1120, 1121, 1122 II).8 
Beispiel: das Inventar eines Gasthauses. 
Eine kleine Abweichung von den Regeln zu 1 ist, I. daß alle Zubehörstücke pfandfrei 
sind, die nicht in das Eigentum des Grundstückseigentümers gelangt sind“ (1120 am Ende), 
II. daß bei Anwendung der Regel zu le an die Stelle der Entfernung vom Pfandgrund- 
stück die Aufhebung der Zubehöreigenschaft tritt. 
4. Die Pfandhaftung ergreift viertens die Forderung auf die Miet= und 
Pachtzinsen des Pfandgrundstücks (1123 1), mögen die Zinsen auf die Zeit 
nach oder auf die Zeit vor Begründung des Pfandrechts am Grundstück ent- 
fallen 5, mag der Miet= oder Pachtvertrag, auf dem sie beruhn, von dem Eigen- 
3) RG. 69 S. 85. 4) RG. 63 S. 372; 70 S. 193. 
5) Abw. Planck-Strecker Anm. 2 zu § 1123.
	        
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