Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 237. Reallasten. 285 
Beispiel. A., der Eigentümer von m, hat das Recht, daß er aus u jährlich soviel 
Tonerde beziehn kann, als er für seine Ziegelei auf m braucht. I. A. hat die Erde auf n 
selber zu graben und auf Wagen nach m zu schaffen: Dienstbarkeit. II. Der Eigentümer 
von n hat die Erde zu graben und auf Wagen nach m zu schaffen: Reallast. III. Der 
Eigentümer von n hat die Erde zu graben; A. hat ein Drahtseil anzulegen und damit die 
Erde von n nach m zu schaffen: Reallast oder Dienstbarkeit, je nachdem das Ausschachten 
der Erde Haupt= oder bloß Nebengegenstand der Berechtigung des A. ist. 
b) Noch näher als den Dienstbarkeiten stehn die Reallasten den Grund- 
stückspfandrechten. Allerdings muß die Reallast auf wiederkehrende Leistungen 
gehn, während das Grundstückspfandrecht auch auf eine einmalige Leistung 
beschränkt sein kann; umgekehrt muß das Grundstückspfandrecht auf eine 
Geldzahlung gerichtet sein, während die Reallast auch auf Leistungen 
andrer Art gehn darf. Dagegen können sich auf dem Gebiet wiederkehrender 
Geldleistungen Pfandrecht und Reallast derart begegnen, daß es vom Belieben 
der Parteien abhängt, ob sie sich für die eine oder für die andre Rechtsform 
entscheiden. 
Beispiel. Der Bierbrauer A. hat ein ihm gehöriges Gartengrundstück zum Restau- 
rationsbetriebe eingerichtet und an B. unter folgenden Bedingungen veräußert: B. muß 
nach Ablauf von 5 Jahren 100 000 Mark unverzinslich bar an A. zahlen; er muß ferner 
alljährlich 16 000 Mark an A. mit der Maßgabe entrichten, daß er diese Last jederzeit durch 
die Zahlung einer Ablösungssumme von 400 000 Mark aufheben kann; er muß sodann jähr- 
lich ein bestimmtes Quantum Bier aus der Brauerei des A. beziehn und darf endlich außer 
dem Bier des A. in seinem Garten nur noch Pilsener Bier verschenken. Hier kann das 
Recht des A. auf die 100 000 Mark nur als Pfandrecht, das Recht auf den Bezug seines 
Biers nur als Reallast, das Recht auf den Nichtausschank andrer Biere als des Biers von 
A. und des Pilsener Biers nur als Dienstbarkeit eingetragen werden. Dagegen kann das 
Recht auf die 16000 Mark ebensogut Pfandrecht — nämlich eine vom Gläubiger unkündbare 
Hypothek von 400 000 Mark, verzinslich zu 4%, oder eine mit 400 000 Mark ablösbare 
Rentenschuld von 16 000 Mark — wie Reallast sein. 
II. 1. Die Begründung der Reallast geschieht — wenn man von landes- 
gesetzlichen Sonderregeln absieht — einzig und allein durch Rechtsgeschäft nach 
Maßgabe der allgemeinen grundbuchrechtlichen Vorschriften (873; E. 113). 
2. Die Übertragung einer bereits bestehenden Reallast vom ersten Erwerber 
auf einen neuen Berechtigten gestaltet sich sehr verschieden. 
a) Reallasten, die dem jeweiligen Eigentümer eines andern Grundstücks 
zustehn, werden übertragen wie Grunddienstbarkeiten. 
b) Die übrigen Reallasten sind entweder höchstpersönlich wie die be- 
schränkten persönlichen Dienstbarkeiten, also nicht einmal der Ausübung nach 
Übertragbar (1111 II) — so namentlich der bäuerliche Altenteil — oder frei 
vererblich und veräußerlich wie die Pfandrechte: letzterenfalls wechseln sie den 
Inhaber ebenso wie Buchgrundschulden (873, 1107, 1168, 1178). 
Beispiel. Die Reallast geht, wenn der Gläubiger auf sie verzichtet, kraft Gesetzes auf 
den Reallastschuldner über, mit Ausnahme der Leistungen, die zur Zeit der Verzichtleistung 
bereits fällig waren (1107, 1168, 11798). 
III. Der Inhalt der Reallasten wird, wie der der Grunddienstbarkeiten, in 
erster Reihe durch das Belieben der Beteiligten bestimmt und ist deshalb
	        
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