Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

z 243. Berpfündung von Fahrnis ohne Übergabe. § 242 a. Gesetzl. Pfandrechte. 303 
stückseigentümer das von ihm verpfändete Grundstück unverändert in Besitz 
behalten kann. Doch ist die Härte gerechtfertigt. Denn ein Pfand bestellen 
heißt, einen Gläubiger vor den andern bevorzugen. Eine willkürliche Bevor- 
zugung einzelner Gläubiger darf aber dem Schuldner nicht zu leicht gemacht 
verden. 
6) Begründung des Fahrnispfandrechts kraft Gesetzes. 
§ 2422#. 
I. Ein Fahrnispfandrecht entsteht kraft Gesetzes in folgenden Fällen. 
1. Der Vermieter eines ganzen Grundstücks oder einer Wohnung erlangt 
ein Pfandrecht an allen Sachen des Mieters, sobald sie auf das Mietgrund- 
stück oder in die Wohnung gebracht sind, mit Ausnahme der Sachen, die der 
Pfändung nicht unterworfen sind 1; das Pfandrecht schützt alle Forderungen 
des Vermieters gegen den Mieter aus dem Mietverhältnis, ausgenommen 
künftige: Entschädigungsansprüche und den Anspruch auf den Mietzins für eine 
spätere Zeit als das laufende und das nächste Mietjahr (559, 580). 
Beispiele. I. 1. A. hat dem B. vom 1. April 1910 ab eine Wohnung für einen je am 
Schluß eines Halbjahrs zahlbaren Jahreszins von 6000 Mk. auf fünf Jahre vermietet. 
Hier hat A. ein gesetzliches Pfandrecht an den Möbeln, den Büchern, den Kleidern, den 
Kohlen, den Wertpapieren, dem Gelde des B., sobald sie in die Wohnung oder in den den 
Zugang zu der Wohnung bildenden Teil des Miethauses? gelangen. Ausgenommen sind 
nur die unpfändbaren Sachen; läßt sich zurzeit nicht feststellen, welche Sachen unpfändbar 
find, z. B. weil B. viel mehr Möbel, Kleider, Kohlen und Geld eingebracht hat, als er 
unbedingt gebraucht, so erstreckt sich das Pfandrecht zunächst auf alle Sachen“", kann aber 
später nur so geltend gemacht werden, daß dem B. der unpfändbare Bestand verbleibt. 
2. B. bat einen ihm gehörigen Ring absichtlich nicht in die Mietwohnung mitgebracht, weil 
er ihn dem Pfandrecht des A. nicht unterwersen will, sondern hat ihn seinem Freunde C. 
zur Ausbewahrung gegeben; C. bringt ihn aber eigenmächtig dem B. zurück und legt ihn in 
Abwesenheit B.38 auf dessen Tisch. Hier hat A. auch an dem Ringe ein Pfandrecht.5 3. B. ist 
wegen Verschwendung entmündigt. Hier hat A. kein Pfandrecht, wenn der Mietvertrag von 
B. ohne Zustimmung seines Vormundes abgeschlossen ist; dagegen kommt es darauf, ob der 
Vormund auch dem Einbringen der Sachen in die Wohnung zugestimmt hat, nicht an; denn 
zwar das Mieten, nicht aber das Einbringen ist ein Rechtsgeschäft. II. 1. Derselbe Fall 
wie zu I, 1; am 1. Mat 1911 will B. Möbel, die für ihn entbehrlich sind, aus der Wohnung 
entsernen, ohne bisher Miete gezahlt zu haben. Hier kann A. ein Pfandrecht wegen des 
auf das abgelaufene, das laufende und das nächstfolgende Mietjahr emtfallenden Mietzinses 
mit 18000 Mk., nicht aber auch wegen des Mietzinses der beiden letzten Mietjahre geliend 
machen. 2. Derselbe Fall; nur hatte A. dem B. die Wohnung wegen Nichtbezahlung der 
Miete auf den 1. April 1911 rechtmäßig gekündigt; B. war auch tatsächlich am 1. April 
1911 ausgezogen, haue aber seine Möbel mit Rücksicht auf das Pfandrecht A.s zurückgelassen; 
ein andrer Mieter für die Wohnung hat sich bisher nicht gefunden. Hier kann A. am 1. Mai 
1) Martintus, Arch. f. ziv. Pr. 96 S. 114; Ortloff, Arch. f. BR. 22 S. 281. 
2) RE. 54 S. 301. 
3) Siehe Endemann 1 S. 1064. 4) Mittelstein, Miete (09) S. 378. 
5) Abw. Siber, gesetzl. Pfandrecht des Vermieters (00) S. 39. 
6) Ortmann, Anm, 34 zu 8 559.
	        
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