5* 250. Zwangsversteigerung von Grundstücken. Geringstes Gebot. 353
Beispiele. I. In dem oben zu IV, 3 aufgeführten Fall 1 ist das geringste Gebot, wenn
wir die Gerichtskosten auf 475 Mk. ansetzen, = 475—+ 75—+ 33000—+ 33750 = 67300 Mk.
Wird das Grundstück für ein Gebot von 81000 Mk. zugeschlagen, so bleiben die beiden
Hypothekenkapitalien mit je 30000 Mk. auf dem Grundstück liegen und sind von dem Gebot
abzuziehn. Das Bargebot beträgt also 21000 Mk.; es ist auf die Gerichtskosten, die Ge-
bäudesteuer, die Zinsen beider Hypotheken für die letzten 2½ Jahre und den Anspruch des
Antragstellers zu verteilen; der Rest mit 900 Mk. kommt auf die zur 8. Klasse gehörigen
Alteren Zinsrückstände der ersten Hypothek. Im übrigen fallen die älteren Zinsrückstände
beider Hypotheken (für die erste mit 1500, für die zweite mit 3000 Mk.) aus. II. In dem
oben zu IV, 3 aufgeführten Fall II ist das geringste Gebot 33 550, das Bargebot 51000 Mk.
Unverändert bleibt auf dem Grundstück das erste Hypothekenkapital. Berichtigt werden in bar
die Gerichtskosten, die Gebäudesteuer, die Zinsen der ersten Hypothek für die letzten 2½ Jahre,
sämtliche Ansprüche der zweiten Hypothek, endlich die Kosten, die Zinsen und der Haupt-
anspruch des persönlichen Gläubigers, der die Versteigerung mit beantragt hatte, letzterer
aber mit Ausnahme eines Fehlbetrages von 2220 Mk. Dieser Fehlbetrag sowie die älteren
Zinsrückstände der ersten Hypothek fallen aus.
Die bisherige Erörterung zeigt, daß der Wert eines Pfandrechts aus dem Grundbuch
nur unvollkommen zu erkennen ist. Denn das Grundbuch führt keineswegs alle Ansprüche
auf, die einem neubegründeten Pfandrecht vorgehn, und vermag auch bei den Ansprüchen,
deren Vorrang es bestimmt bekundet, den Umfang nur ungenau, z. B. ohne Rücksicht auf
zu erstattende Kosten oder Zinsrückstände, anzugeben. Es empfiehlt sich deshalb für jeden,
der ein Grundstückspfandrecht erwerben will, zu den seinem Pfandrecht vorgehenden aus
dem Grundbuch ersichtlichen Rechten noch ein Bauschquantum für diejenigen Grundstückslasten
hinzuzurechnen, die aus dem Grundbuch nicht oder nur ungenau zu ersehn sind. Die Be-
rechnung dieses Bauschquantums wird durch die Regel sehr erleichtert, daß Rückstände an
Löhnen, Steuern, Zinsen u. dgl. ein Vorzugsrecht nur für die Zeit von einem oder zwei
Jahren haben.
4. a) Bleibt nach Abzug des geringsten Gebots und nach Deckung sämt-
licher Ansprüche der zweiten Gruppe noch ein Überschuß des Versteigerungs-
#erlöses (hyperocha), so fällt er an den Eigentümer des versteigerten Grund-
stücks zur Zeit des Zuschlages (s. RZw Ges. 37 Nr. 5, 128 II).
b) Dagegen wird auf die persönlichen Gläubiger des Grundstückseigen-
tümers keine Rücksicht genommen, es sei denn, daß sie die Zwangsversteigerung
beantragt haben und damit in die fünfte Rangklasse eingetreten sind oder daß
sie den dem Grundstückseigentümer gebührenden Teil des Versteigerungserlöses
mit Beschlag belegt haben.
5. Verzichtet ein Gläubiger auf den ihm im Verteilungsplan zugewiesenen
Betrag, so fällt dieser Betrag den nachstehenden Berechtigten und nicht etwa
dem Grundstückseigentümer zu. 12
VI. Über die Art, wie die einzelnen auf dem versteigerten Grundstück
ruhenden Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots und bei der Ver-
teilung des Versteigerungserlöses berücksichtigt werden, ist folgendes zu bemerken.
1. Unangemeldete Ansprüche werden nur berücksichtigt, wenn sie zur
Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch ersichtlich
waren; geht ein solcher Anspruch auf wiederkehrende Leistungen, so werden
12) RE. 55 S. 260.
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. II. 23