Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

8 261. Zwangsverwaltung von Grundstücken. 367 
1. Das Vollstreckungsgericht hat den Verwalter oder vielmehr die durch 
den Verwalter vertretene Staatsgewalt in den Besitz des Grundstücks einzu- 
weisen, nötigenfalls unter Mitwirkung eines Gerichtsvollziehers (RZwGes. 150 II). 
Das Vollstreckungsgericht bleibt dem Verwalter fortdauernd übergeordnet. Demgemäß 
hat es ihn nach Anhörung des Antragstellers und des Schuldners mit einer Anweisung zu 
versehn, die ihm zu gewährende Vergütung festzusetzen und seine Geschäftsführung zu be- 
aussichtigen; es kann ihm die Leistung einer Sicherheit auferlegen, gegen ihn Ordnungsstrafen 
bis zu 200 Mk. verhängen und ihn entlassen (RawGes. 153). 
2. Der Verwalter hat das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestande 
zu erhalten; er hat die Nutzungen zu ziehn und, soweit sie für die Verwaltung 
entbehrlich sind, in Geld umzusetzen; für die Erfüllung seiner Verpflichtungen 
ist er allen Beteiligten verantwortlich; dem Antragsteller und dem Schuldner 
hat er alljährlich Rechnung zu legen (RZWes. 152 I, 154). 
3. Aus den Nutzungen des Grundstücks sind vorweg die Verwaltungs- 
kosten und gewisse Gerichtskosten zu decken; der Überschuß ist unter die An- 
gehörigen der fünf ersten Rangklassen der Zwangsversteigerung nach ihrer 
Rangordnung zu verteilen, jedoch mit der Maßgabe, daß in der zweiten bis 
vierten Klasse nur Ansprüche auf laufende wiederkehrende Beträge berücksichtigt 
werden (RZwes. 155). Will also ein Pfandgläubiger wegen seines Kapitals, 
wegen solcher Zinsen, die bereits vor der Beschlagnahme fällig waren, oder 
wegen seiner Kosten Befriedigung haben, so muß er die Zwangsverwaltung 
als Antragsteller betreiben; denn alsdann findet er (in der fünften Rangklasse) 
auch wegen dieser Ansprüche Berücksichtigung. Die Art der Verteilung wird 
vom Gericht durch einen Teilungsplan festgesetzt (RZw'Ges. 156).5 
4. Das Verfahren ist aufzuheben, wenn der Antragsteller seinen Antrag 
zurücknimmt oder voll befriedigt wird (RZwGes. 161).“ 
V. Vergleicht man die Zwangsverwaltung eines Grundstücks mit der 
Zwangsversteigerung, so ergibt sich, daß beide der Befriedigung gewisser auf 
das Grundstück angewiesener Ansprüche dienen. Doch verwendet die Zwangs- 
verwaltung für diesen Zweck nur den Reinertrag, den das Grundstück während 
der Verwaltung abwirft, während die Zwangsversteigerung für den gleichen 
Zweck den ganzen Kapitalwert des Grundstücks, wie er sich in dem von dem 
Ersteher abgegebenen Meistgebot darstellt, verbraucht. Deshalb führt sie weit 
langsamer zum Ziel als die Zwangsversteigerung. Dafür verfährt sie aber 
auch mit größerer Schonung. Diese Schonung kommt dem Eigentümer des 
Grundstücks zugut; denn ihm verbleibt bei der Zwangsverwaltung sein Eigen- 
tum, während er es durch die Zwangsversteigerung für immer einbüßt. Aber 
auch die auf das Grundstück angewiesenen Gläubiger haben an der Schonung 
Anteil; denn sie behalten bei der Zwangsverwaltung ihr Anrecht auf Be- 
friedigung aus dem Grundstück so lange, bis sie voll befriedigt sind, während 
3) Lafreng bei Gruchot 47 S. 376; Sucker ebenda S. 825. 
4) NG. 59 S. 88.
	        
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