Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 259. Inhaberschuldverschreibung. Krastloserklärung. 401 
bei dem Hehler F. vorgefunden wird (weil A. hier die Herausgabe der Urkunde von F. ver- 
langen kann); 3. wenn A. sie dem G. zur Verwahrung anvertraut, dieser sie an den gut- 
gläubigen H. verschenkt, H. endlich sie an einen Unbekannten weiter veräußert hat (weil A. 
hier die Herausgabe der Urkunde von dem Unbekannten nicht allein aus dem tatsächlichen 
Grunde seiner Unbekanntheit, sondern auch aus Rechtsgründen 1932, 1007] nicht erlangen 
kann). 
Die eben gegebene Bestimmung des Begriffs der „abhanden gekommenen“ Urkunde ist 
im Gesetz — selbstverständlich! — nicht ausgesprochen und deshalb äußerst zweifelhaft. 
Sollte sie zutreffend sein, so wäre der Begriff teils weiter teils enger als der früher ent- 
wickelte, für das Besitz= und Eigentumsrecht maßgebende Begriff der abhanden gekommenen 
Fahrnissache; s. die ebengenannten Beispiele I, 3, II, 2. 1 
2. „Vernichtet“ ist die Schuldverschreibung, wenn sie gänzlich zerstört 
oder derart beschädigt ist, daß ihre Unterscheidungsmerkmale nicht mehr fest- 
gestellt werden können (s. 798); ob die Vernichtung absichtlich oder unabsicht- 
lich, rechtmäßig oder rechtswidrig erfolgt ist, macht keinen Unterschied. 
Beispiel. A. hat einen ihm gehörigen Anleiheschein verbrannt, weil er annahm, der 
Schein sei für kraftlos erklärt; nachträglich hört er, daß diese Annahme unbegründet war. 
Hier steht nichts im Wege, daß eine Kraftloserklärung des Scheins nunmehr wirklich erfolgt. 
II. Zuständig für die Kraftloserklärung ist das Amtsgericht, in dessen 
Bezirk der in der Urkunde genannte Erfüllungsort liegt oder der Aussteller 
seinen allgemeinen Gerichtsstand hat (s. ZBPO. 1005, GVerf Ges. 23). Für 
das Verfahren der Kraftloserklärung gelten folgende Regeln. 
1. Das Verfahren wird nur auf Antrag eröffnet; antragsberechtigt ist 
der bisherige Inhaber der Urkunde (ZPO. 1004 1), mag er zur Verfügung 
über die Urkunde berechtigt sein oder nicht. In dem Antrage ist die Urkunde 
genau zu bezeichnen und ihr Abhandenkommen oder ihre Vernichtung sowie 
die bisherige Inhabung des Antragstellers glaubhaft zu machen; auch muß 
sich der Antragsteller zur Versicherung der Wahrheit der Angaben seines An- 
trages an Eides Statt erbieten (ZP. 1007). 
Beispiel. A. hat dem B. eine Inhaberschuldverschreibung gestohlen, sie aber später 
verloren. Hier kann sowohl A. wie B. die Urkunde für kraftlos erklären lassen, ohne daß 
einer den andern hindern kann. Das ist freilich sehr sonderbar, ist aber, wie der Gegensatz 
von ZPO. 1004 I und II ergibt, vom Gesetzgeber mit voller Absicht verfügt. 
2. Findet das Amtsgericht den Antrag begründet, so hat es zunächst die 
Urkunde „aufzubieten“, d. h. den etwaigen gegenwärtigen Inhaber öffentlich 
aufzufordern, spätestens in einem mit geräumiger Frist anzuberaumenden ge- 
richtlichen Termin unter Vorlegung der Urkunde seine Rechte anzumelden 
(8#O. 1008; s. auch ebenda 1009—1015, 951). 
3. Ist der Aufgebotstermin herangekommen, so ist zu unterscheiden, ob 
das Aufgebot erfolglos geblieben ist oder ob ein Dritter unter Vorlegung einer 
Urkunde, die mit der aufgebotenen identisch sein soll, irgendwelche Rechte an 
ihr angemeldet hat. 
a) Im ersten Fall hat das Amtsgericht den Antrag nochmals zu prüfen 
1a) Abw. anscheinend Planck zu § 799.
	        
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