8 269. Inhaberschuldverschreibung. Kraftloserklärung. 403
handelsrechtlichen Lehrbuchs? gegen sie ausgesprochen habe. Indes scheint sie doch dem
Willen des Gesetzgebers zu entsprechen.?
2. Andrerseits hat die für kraftlos erklärte Urkunde selber alle Wirkung
gegenüber dem Aussteller verloren, auch wenn sie in Wahrheit weder ab-
handen gekommen noch vernichtet ist, ja sogar dann, wenn sie sich in der In-
habung einer Person befindet, die die Urkunde vor oder nach Beginn des
Aufgebotsverfahrens in gutem Glauben erworben hat: der Aussteller ist also
fortab nicht mehr verpflichtet, an den Inhaber der Urkunde zu leisten, und
leistet er freiwillig an ihn, so wird er dadurch gegenüber dem, der die Kraftlos-
erklärung beantragt hat, nicht befreit. Doch kann jeder, der dieser Regel zu-
folge ein Recht aus der Urkunde verliert, von dem Antragsteller Ersatz wegen
ungerechtfertigter Bereicherung und, wenn dem Antragsteller ein Verschulden
zur Last fällt, sogar vollen Schadensersatz fordern; sind ihm in dem Urteil,
das die Kraftloserklärung ausspricht, seine Rechte vorbehalten, so bleibt ihm
auch der Aussteller haftbar.
Beispiele. I. Man nehme an, daß die in dem vorigen Beispiel genannte Urkunde von
C. gefunden und noch vor dem Aufgebot an den redlichen D. veräußert ist: D. hat von dem
Aufgebot nichts erfahren und sich deshalb bei Gericht nicht gemeldet. Hier hat D. alle
Rechte gegen den Aussteller verloren, kann aber von A. Herausgabe der Bereicherung, ins-
besondre Abtretung der Ansprüche A.s aus der Kraftloserklärung fordern. II. Der be-
stohlene B. kann von A. sogar vollen Schadensersatz beanspruchen.
IV. 1. Um den Erfolg einer späteren Kraftloserklärung im voraus zu
sichern, soll das Aufgebotsgericht, sobald es den Antrag auf Kraftloserklärung
zugelassen hat, auf Antrag eine Zahlungssperre über die aufzubietende
Schuldverschreibung verhängen; die Zahlungssperre ist dem Aussteller der
Schuldverschreibung mitzuteilen und ist außerdem in derselben Weise öffentlich
bekannt zu machen, wie das Aufgebot selbst (ZP. 1019).
2. Die Wirkung der Zahlungssperre ist die folgende:
a) Dem Aussteller wird verboten, an den Inhaber der gesperrten Urkunde
irgendeine Leistung zu bewirken (ZPO. 1019). Es tritt also zwar nicht die
positive, aber doch die negative Wirkung der Kraftloserklärung (oben III, 2)
schon mit dem Zeitpunkt der Verhängung der Zahlungssperre ein.
b) Zugunsten des Antragstellers wird sowohl der Lauf der Vorlegungs-
wie der Lauf der Verjährungsfrist gehemmt (802, s. oben S. 396 c, d).
3. Die Zahlungssperre ist von Amts wegen aufzuheben, sobald das Aufgebotsverfahren
sich erledigt, ohne daß es zu einer Kraftloserklärung der aufgebotenen Schuldverschreibung
kommt, also namentlich wenn die aufgebotene Urkunde dem Aufgebotsgericht im Aufgebots-
termin oder vorher vorgelegt wird (s. ZBPO. 1022).
V. Unzulässig ist die Kraftloserklärung, wenn der Aussteller sie in der
Schuldverschreibung ausgeschlossen hat (799).
Siehe ferner unten S. 406, 4, III; 419, 5; 420 III; 421 d.
2) Mein Lehrb. d. Handelsrechts 7. Aufl. (10), S. 281.
3) Übereinstimmend Staub, Anm. 15 zu Wechs Ordn. 73.